„Maschinist Hopkins“ – 10. April 2005

Daß eine Oper in den ersten Jahren nach ihrer Uraufführung 27 Neuinszenierungen erlebt, dürfte heute undenkbar sein. Und auch in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war das zwar möglich, aber eine große Ausnahme. Max Brands Oper über den Maschinisten Hopkins ist genau das passiert. Uraufgeführt 1929 ist sie Paradebeispiel der Zeitoper und paßte daher wunderbar in die Zeitopernreihe des Augsburger Theaters.

Im „Hopkins“ kumuliert alles, wofür das Genre steht. Eine grelle Geschichte aus der Arbeitswelt mit viel Sex and Crime, kraftvolle Maschinenmusik und wilde amerikanische Jazz- und Tanzklänge. Die Kleinstbesetzung einer Tanzcombo steht unverbunden neben orchestralen Massen, die Brands Lehrer Franz Schreker alle Ehre gemacht hätten. Gekonnte Puccini-Referenzen neben Banalem. Brüche aller Art sind Programm.

Auch Augsburg gehörte damals zu den Bühnen, die bald Brands Oper spielten. Diese Geschichte von Industriespionage, betrogener Liebe, Erpressung, Mord, Prostitution und drohender Arbeitslosigkeit und Armut traf den Nerv der Zeit. In der aktuellen Inszenierung von Intendant Ulrich PETERS verschreibt man sich der Entstehungszeit und dem Stummfilm. Menschen wie Bühne sind in schwarz/weiß gehalten, bleiche Gesichter, trostlose Industriebauten, übergroße Zahnräder, Abflussrohre, aber auch Glamour in Hochhauskulisse mit farbigen Backgroundsängern in gestreiften Westen und Shimmy-Tänzerinnen. Metropolis lässt grüßen.

Und so erlebt man in zweieinhalb Stunden eine Geschichte über sieben Jahre, geborsten, bruchstückhaft, aber doch fesselnd durch die Musik, die jeder Szene ihre eigene Note gibt. Und entdeckt sogar aktuelles, wenn die Arbeiter plötzlich mitten in der Arbeit weggeschickt werden in die Unsicherheit und Armut, ihre Fabrik geschlossen wird, nur weil es einem industriellen Großkopf so gefällt.

Das Augsburger Ensemble angeführt von Sally DU RANDT als weiblicher Hauptfigur Nell, Stefan SEVENICH als zwiespältiger Hintergrundfigur Hopkins und Peter BERNHARD als mordender Emporkömmling Bill, der natürlich am Ende untergeht, leistet dem Stück gute Dienste. Besonders das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER unter Thomas KALB haucht der Musik jede Art von Leben ein, die es in den einzelnen Szenen braucht.

Übrigens: Max Brands zweite Oper wurde schon in den Proben kurz vor der Uraufführung von den Nazis unterdrückt und ist verschollen. Brand selbst ging ins Exil, konnte aber später nie wieder richtig Fuß fassen und starb 1980 vergessen in Österreich. KS