2. Sonntagskonzert des Bayerischen Rundfunks
Im Programm der Münchener Sonntagskonzerte stehen in dieser Saison meist Werke in Oper und Operette, die selten auf den einschlägigen Bühnen (leider) zu finden sind. Hier konnte man wenigstens in konzertanter Form die „Polnische Hochzeit“, eine Operette des jüdischen Komponisten Joseph Beer zu dessen Todestag am 23. November 1987 erleben, dessen Urauffühung 1937 wegen der Judenverfolgung in Österreich und Deutschland am Stadttheater Zürich stattfand, zumal auch die Librettisten des Werks Fritz Löhner-Breda und Alfred Grünwald ebenfalls verfolgt wurden.
Dem Komponisten ist hier eine Komposition gelungen, die reich ist an zündenden Melodien mit ausgefeilten Tenor- und Sopranarien, großartigen humoristischen Terzetten und musikalischen Tanzeinlagen, die man gerne auf der Bühne gesehen hätte (möglich gewesen wäre das allerdings auf einer Bühne des Wiener Operettensommers 2012). Ulf SCHIRMER, der Chef des MÜNCHENER RUNDFUNKORCHESTERs war wohl wie stets der Ideenspender der Aufführung, er dirigierte mit großem Elan und überschäumendem Temperament sein Orchester, des öfteren mit einer solchen Lautstärke, daß das Publikum um die Sänger bangte, die aber mit Bravour ihre Rollen gesanglich meistern konnten. Besonders auffallend sind in dieser Operette die eindrucksvollen Orchesterstücke (wohl Tanzeinlagen auf einer Bühne), die sehr gut ankamen und für eine Operettenstimmung sorgten, vor allem die „Katzenaugenfolge“ nach dem Couplet.
Dieses Werk braucht eine lyrisch perfekte Tenorstimme für den Liebhaber Graf Boleslaw, für die der Komponist höhenreiche und mit viel tenoralen Schmelz auszustattende Arien komponierte, und darin fand man in Nikolai SCHUKOFF einen glänzend disponierten Interpreten, der seinen Part stimmlich in Richard-Tauber-Nähe zum Jubel des Publikums anlegen und sich auch darstellerisch sehr gut positionieren konnte. Als sein Rivale Graf Staschek war ebenfalls ein Könner auf der Bühne, nämlich der Bariton Michael KUPFER-RADECKY, der diese Rolle nicht nur stimmlich perfekt verkörperte, sondern sie auch noch mit dem nötigen Humor als Verlierer ausstatten konnte, besonders eindrucksvoll das Schlußcouplet, „Treue erwartet ein alter Mann nur von seinem Hund und vom Wein“; er stellte sich eingangs auch noch mit einem sehr witzig vorgetragenen Auftrittslied über die negativen Seiten der Frauen vor.
Martina RÜPING als Jadja, von zwei Männern umworben, sang und spielte ihre Rolle mit einer sehr gut geschulten Sopranstimme, während Susanne BERNHARD als schlaue, alles im Griff habende Gutsverwalterin Suza, die sogar als Braut einsprang, um dem Liebespaar Jadja und Boleslaw zur Ehe zu verhelfen, sich in den weiblichen Darstellungsmittelpunkt stellen konnte, dazu ausgestattet mit einem fülligen Mezzo. Als ihr Partner und Liebhaber im Stück konnte Mathias HAUSMANN punkten.
Friedemann RÖHLIG als verschuldeter Baron Oginsky und Bernhard SPRINGLER als Hauptmann Korrosoff waren für ihre Partien eine gute Wahl, in den kleineren Partien fügten sich Florence LOSSEAU als Stasi und Alexander KIECHLE als Stani gut in das Ensemble ein. Da die Aufführung in Kooporation mit dem Staatstheater am Gärtnerplatz in München stattfand (einige Solisten haben dort auch ihre Gesangskarriere beginnen können), studierte der dortige Chorleiter Felix MEYBIER auch den CHOR DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ gewohnt gut ein.
Mag dieses launige Werk endlich mehr Anklang bei den einschlägigen Bühnen finden.
I.St.