Barocke Rivalitäten – 15. Januar 2014

Herkulessaal

„Faustina Bordoni versus Francesca Cuzzoni“ – so betitulierten zwei bedeutende Sängerinnen unserer Zeit, spezialisiert auf Kompositionen der Barockzeit, Simone KERMES und Vivica GENAUX ihren hochkarätigen Arienabend. Faustina Bordoni (Mezzosopran) und Francesca Cuzzoni (Sopran) waren im 18. Jahrhundert die bedeutendsten Sängerinnen an den Höfen und Theatern, und einige ihrer damals gesungenen Arien wurden von den jeweiligen heute fast vergessenen Komponisten eigens für diese Stimmen komponiert. Es bestand zeitlebens eine große Rivalität zwischen den beiden, obwohl sie des öfteren miteinander aufgetreten sind.

Von diesem einstmals stattfindendem Sängerwettstreit war an diesem Abend zwischen Simone Kermes und Vivica Genaux überhaupts nichts zu merken. Beide Künstlerinnen treten ebenfalls sehr oft zusammen auf und verstehen sich prächtig, wie aus den beiden Duetten und den kurzen Zugaben am Schluß zu erkennen war.Sie bildeten eine bei solchen Abenden ungewöhnliche Stimmharmonie, obwohl beide in der Bühnenpräsenz äußerst unterschiedlich wirken.

Frau Kermes trug temperamentvoll und textgerecht ihre Arien vor, ausgestattet mit höhensicheren Koloraturen mit ihrer eigenen Stimmtechnik, wobei bei ihren Arienvorträgen immer wieder auffällt, daß sie mühelos von der Tiefe in die äußerste Koloraturhöhe aufsteigt. Neben ihrem eigenwilligen Outfit auf der Bühne zeigt sie sich stets als Stimmwunder der Barockmusik und bezaubert ihr Publikum mit ihrer natürlichen Art, manche Musikstücke auch noch zu moderieren.

Frau Genaux verfügt über einen perfekt geschulten Mezzo mit hoher Einfühlsamkeit, spezialisiert gerade auf barocke Arien mit ausgefeilten Mezzokoloraturen, dazu in einer bescheidenen liebenswerten Zurückhaltung auf der Bühne, und erzielt dadurch bei ihren Vorträgen eine perfekte Bühnenpräsenz und Ausstrahlung.

Beide Künstlerinnen brachten Werke u. a. meist von dem Deutschvenezianer Johann Adolf Hasse (im übrigen der Ehemann von Faustina Bordoni), Leonardo Vinci, Georg Friedrich Händel, Nicola Porpora, Geminiano Giacomelli, von denen die meisten in der heutigen Zeit kaum mehr bekannt sind. Dies zu ändern, fühlen sich beide Künstlerinnen berufen.

Für die musikalische Untermahlung sorgte die CAPELLA GABETTA unter der Leitung von Andrés GABETTA, ein Barock-Ensemble, mit dem die beiden Künstlerinnen eingearbeitet zu sein scheinen, ein Ensemble mit herrausragenden Musikern, die in den jeweils dargebrachten Ouvertüren zu „Ariodante“ (Carlo Francesco Pollarolo) und „Orfeo“ (Nicola Antonio Porpora) ihre hohe Musikalität bewiesen.

Ein unvergeßlicher Barock-Abend im Herkulessaal.
I.St.