Die zweite Lübecker „Lucia“-Vorstellung ließ sich wesentlich entspannter und ungezwungener an, was auch Auswirkungen auf Sänger- und Chorleistungen hatte. Auch die Dynamik schien eine erfreulich andere.
Davon profitierte im Besonderen Sophia THEODORIDES in der Titelrolle. Sie wirkte gelöster und konnte Lucia nun auch vor der Pause gesanglich gut und dynamischer präsentieren. Von Konstantinos KLIRONOMOS (Edgardo) wünscht man sich, daß er sich die Kraft den Abend über besser einteilt, so daß seine Stimme auch während der Schlußszene ungefährdeter, aber vor allem emotional differenzierter klingt.
Neu in der Produktion war an diesem Abend Gerard QUINN als Enrico. Sein tiefes Rollenverständnis jenseits irgendwelcher Klischees und die überzeugende stimmliche Leistung waren mit Blick auf seine bisherigen Erfolge nicht wirklich überraschend, und doch fügte der Bariton seiner musischen Vita mit dieser gelungen gestalteten Partie eine weitere Facette hinzu.
Daß Lucias Bruder vieles, aber nicht alles tut, um sich aus seiner mißlichen Lage zu befreien, daß die Figur eben nicht das plakativ männlich Böse ist, spiegelt die Musik, die Donizetti ihr geschrieben hat, und die Geschichte an sich perfekt wider, interessanterweise ohne die Sichtweise der Regisseurin tatsächlich zu konterkarieren.
Changjun LEE als Raimondo und Noah SCHAUL (Arturo) wiederholten ihre gesanglich wie darstellerisch erstklassigen Interpretationen, wie auch Delia BACHER (Alisa) und Wonjun KIM (Normanno) erneut eine ausgesprochen gute Figur machten.
CHOR und EXTRACHOR hatten einen wirklich starken Abend. Davon bitte unbedingt wieder mehr.
Eine besonders erfreuliche Erstbegegnung war die mit Nathan BAS am Pult. Er war für Takahiro Nagasaki eingesprungen und kam so früher als geplant zu seinem Dirigat dieser Donizetti-Oper. Unter seiner Leitung setzte das Lübecker ORCHESTER die bereits in der Premiere gehörte, so klangvoll wie stimmige Leistung fort. Mit seinen beiden Kapellmeistern ist das Theater Lübeck auch im Graben ausgesprochen gut aufgestellt. AHS