„Don Giovanni“ – 25. Oktober 2024

Es gibt Opernproduktionen, die sind weder interessant noch verständlich oder spannend, so wie diese Version von dem, was man landläufig unter „Don Giovanni“ kennt. Es braucht also Künstler auf der Bühne, die dies dann zu dem machen, was es eigentlich sein soll: Mozarts „Don Giovanni“.

Leider war dies Alessio ARDUINI, besetzt als Don Giovanni, ebenso wenig gegeben wie Erwin SCHROTT als seinem Leporello. Die beiden wirkten eher wie das Klischee eines dem italienischen Fernsehen entstiegenem Komikerduos. Der prä-pubertäre Klamauk und die albern überzogenen Versuche sprachlicher Imitation überzeugten nicht eine Sekunde. Sprachliches und schauspielerisches Timing ging beiden völlig ab. Auch stimmlich war für mich eigentlich nichts verführerisch. Der eine streckenweise zu dünnstimmig, der andere zu kurzatmig und wenig wortdeutlich. Das Freitagspublikum feierte trotzdem, vielleicht weil man den Namen kannte und das eine oder andere Stück auch schon gehört hatte.

Von den Gästen blieb es also an Rachael WILSON als Donna Elvira, giovanniwürdig die Bühne zu rocken, was sie auch tat. Die Zerrissenheit und Inkonsequenz der Figur brachte sie so glaubhaft wie natürlich zum Tragen. Stimmlich ist die Sängerin allerdings über die Partie hinaus, wie sich bei „Mi tradì“ recht deutlich zeigte. Was man den restlichen Abend hörte, machte aber viel Lust auf eine Wiederbegegnung – vielleicht in einem anderen Fach.

Narea SON gelang eine darstellerisch überraschend temperamentvolle und authentische Donna Anna. Da war nichts, was an eine Trauerweide erinnerte, und nur die Konventionen schienen diese junge Frau davon abzuhalten, den Tod des Vaters selbst zu rächen. Um das Temperament im Spiel in stimmliche Attacke und Gestaltung zu übertragen, scheint gesanglich aber noch der eine oder andere Schritt notwendig

Wenn der Regisseur eine gute Idee hatte, war es die, Don Ottavio beide Arien singen zu lassen. Insbesondere mit Dovlet NURGELDIYEV als Donna Annas ehrpussligem Begleiter sind (nicht nur) diese ein Fest für die Ohren. Seine Stimme ist immer noch flexibel genug für Mozart. Die neuen warmen Farben bieten eine willkommene Ergänzung zu dem runden Tenorklang. Mit viel Spaß an der Interpretation brachte er neue Ansätze in sein Rollenporträt und verlieh der Figur interessante frische Facetten.

Tolle Zerlinas hatten wir schon ausreichend auf der Hamburger Bühne. Hera Hyesang PARK gelang eine solide Leistung, aber nachhaltig kein bleibender erster Eindruck. Ihr zur Seite war David Minseok KANG gerade im Zusammenspiel mit ihr recht gut. Sein Masetto polterte recht ungelenk über die Bühne. Etwas mehr Mut, sich zu behaupten, könnte er ruhig zeigen.

Alexander ROSLAVETS hat die Baßdisziplin im “rauskommen, singen, beim Applaus abräumen“ mittlerweile kultiviert. Sein Commendatore war ein Lehrstück an Stimmführung, stimmlicher wie darstellerischer Präsenz und Diktion für die Kollegen mit den dunkleren Stimmen. Die Würde der Figur ging trotz des lächerlichen Kostüms nicht für eine Sekunde verloren.

Der CHOR (Leitung: Christian GÜNTHER) meisterte seine Aufgabe trotz merkwürdiger Kostümierungen klangschön und spielfreudig.

Das PHILHARMONISCHE ORCHESTER klang unter Francesco Ivan CIAMPA streckenweise etwas ruppig. Schon bei der Ouvertüre fragte man sich, ob der Komponist nun Mozart oder doch Verdi hieß. Überhaupt ging die Leichtigkeit der musikalischen Leitung irgendwie ab. Man schlug sich wacker im Graben, aber ohne Esprit.

Rein oder nicht? Der Abend hat unbestritten unglaubliche Längen, insbesondere da wo eigentlich Unterhaltung gefragt wäre. Auf der anderen Seite wäre es schade, die eine oder andere Sängerleitung zu verpassen. AHS