Dieses große Mammutwerk von Wolfgang Amadeus Mozart, das er 1781 komponierte, kam während der Opernfestspiele 2024 an der Bayerischen Staatsoper wieder zu Gehör, dessen Premiere allerdings schon am 19. Juli 2021 stattfand.
Diese dreiaktige Oper beinhaltet nicht nur eine Fülle von langen und an die Stimmen der Sänger große Herausforderungen stellende Anforderungen bei ihren Arien, sondern auch eine Ballettmusik – unter KV 367 zu finden, die vor allen Dingen am Schluß, als das tragische Handlungsgeschehen sich ins Gute wandelte und schon ihr Ende fand – noch ungemeine Anforderungen an die Tänzer stellt. Die Oper dauert – wie in der Zeit des Komponisten – deshalb vier Stunden.
Die Inszenierung von Antú ROMERO NUNES paßte sich der antiken Handlung gut an (der vom trojanischen Krieg glücklich heimgekehrte Idomeneo opfert dem Meeresgott dafür den ersten Menschen, dem er begegnet – und das ist ausgerechnet sein Sohn Idamante), das Bühnenbild von Phyllidia BARLOW harmonierte gut mit der Regie-Auffassung, so daß man hier von einer fast ungewohnten Übereinstimmung zwischen Regisseur und Bühnenbildnerin sprechen möchte. Die Regie verlegte die Handlung teils in die Jetztzeit und wiederum teils in die Antike, was auch die Kostüme von Victoria BEHR bewiesen. Allerdings war unverständlich, was ein essender abgedankter König Idomeneo mit Getränken ausgestattet, während der Ballett-Musik noch auf der Bühne sollte. Auch ist etwas befremdlich, daß man flüsterndes vermutliches Volk Kretas vor Beginn der Oper und nach der Pause vor die Musik platzierte. Einen Besetzungszettel braucht man sich auch nicht zu kaufen, denn dieser kommt mit allen Einzelheiten in Form von Video auf die Bühne.
Mozart bezeichnet sein großartig komponiertes Werk selbst als Choroper, so daß dem CHOR DER BAYERISCHEN STAATSOPER unter der Einstudierung wiederum von Christoph HEIL ein großes Lob zu zollen ist, da er wiederum bewies, wie hervorragend durchdacht seine Choreinstudierung ist.
Da dieses Werk eine hohe Anforderung an die Stimmen der Protagonisten stellt, waren an diesem Abend Könner am Werk, die gerade bei diesen langen Arien dieses Bühnenwerks Mozarts eine ungewöhnliche Einfühlsamkeit und beste Stimmposition zeigen konnten, zumal ihnen auch ein weiterer Könner an Musikalität und Einfühlvermögen für den Komponisten zeigender Dirigent wie Ivor BOLTON Seite stand, dessen eigenwilliges Dirigat ohne Stab nur mit Händen die nötigen Einsätze geben konnte, um sie zu dieser Bestleistung des Abends zu bringen.
In der Reihenfolge des Programmzettels zeigte Pavol BRESLIK in der Titelpartie eine tenorale abendliche Bestleistung, als Idamante war eine Mezzo-Stimme zu vernehmen, nämlich Emily D’ANGELO, die in ihren langen und ausdrucksbetonten Arien diesen Abend unvergeßlich machen konnte. Als Ilia erlebte man Olga KULYCHINSKA, die mit fein herausgearbeiteten Soprantönen ihrem Liebhaber Idamante voll zur Seite stand.
Elettra war Hanna-Elisabeth MÜLLER, die wieder einmal als Publikumsliebling voll ihr großartiges sopranistisches Können vorstellte, gerade am Ende ihres Auftritts, als sie sich auf Weisung des Regisseurs schwarz bemalen mußte, wohl um handlungsgerecht den Verzicht auf Idamante zu demonstrieren. Als Arbace konnte man die bestdispionierte Stimme von Jonas HACKER vernehmen, zudem waren weitere sehr gute Akteure auf der Bühne wie Lian BONITHRONE als der Oberpriester Poseidons und Alexander KOPECZI als Orakel.
Besondere Erwähnung muß Dustin KLEIN als Choreograph der vielen Ballett-Einlagen finden, der das Auge des Publikums nicht müde machte, um sich gerade zum Schluß noch das lange Ballett zu gönnen.
Die weiteren zur Bühnenmusik zählenden Musiker seien noch durch ihr ergänzendes Können auf offener Bühne erwähnt, die zum Gelingen dieses Abends enorm beitragen konnten. Eine Opernaufführung der Spitzenklasse für ausgesprochene Liebhaber Mozarts und der Barockmusik. I.St.