Hamburgs Kammeroper hat den vergangenen Jahren zum Ende der Saison jeweils ein konzertantes Stück in Original-Sprache ins Programm genommen, was in dieser und der nächsten Saison fortgeführt wird. Nichts gegen die Inszenierungen des kleinen Hauses, aber man hat doch den Eindruck, daß die Sänger in der Original-Sprache noch mehr aufblühen.
In diesem Jahr gab es Bizets „Perlenfischer“. Wie schon in den Jahren vorher hat Intendant Marius ADAM eine dramaturgische Einrichtung vorgenommen, was bedeutet, die Sänger tragen Kostüm und Maske, treten auf und ab, was das Ganze belebt.
Moderiert wird der Abend von Lutz HOFFMANN, der im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, in denen die gewollte Launigkeit schon relativ angestrengt wirkte, dieses erfreulicherweise etwas zurückgefahren hatte, und sich größtenteils auf das Erzählen der Handlung beschränkte.
Luminita ANDREI als Leila ist ungewöhnlich großstimmig besetzt; da singt keine koloraturselige Soubrette, wie man es in dieser Partie manchmal hört, sondern eine Frau zwischen Liebe und Pflicht mit Farben und Nuancen. Daß sie natürlich trotzdem bombensichere Koloraturen singt, macht die Interpretation noch mehr besonders.
Leonhard GEIGER (Zurga) gab deutlich weniger Druck auf die Stimme, als das bei der letzten Begegnung der Fall war, was der Gesangslinie, aber auch der Interpretation sehr guttut. Seine Arie war schon ein Psychogramm widerstreitender Gefühle mit der greifbaren Verzweiflung eines gleich dreifacher Loyalitätskonflikts.
Höhepunkt des Abends war das Duett von Leila und Zurga, in dem sich die beiden Sänger noch einmal steigerten und gegenseitig anstachelten. Man hätte tatsächlich diesen beiden das Happy-End gegönnt. Nadir war mit Guillermo VALDÈS besetzt.
Die Stimme von Titus WITT (Nourabad) scheint bei jeder Begegnung noch ein wenig zu wachsen und dunkler zu werden, ohne daß dies zu Lasten der Gesangslinie geht. Man konnte nur bedauern, daß Bizet die Rolle ein wenig stiefmütterlich behandelt hat.
Der Eindruck, welchen das RUNGHOLT ENSEMBEL HAMBURG hinterließ, war bei den vergangenen Stücken („Lucia“ 2022 und „Norma“ 2023) stärker. Ob dies jetzt daran lag, daß ihnen Belcanto besonders liegt, wird man im nächsten Jahr bei „I Puritani“ prüfen können. Hier gab es, insbesondere vor der Pause, doch einiges an Verspielern zu bemängeln. Auch Ettore PRANDI am Pult hätte mehr schwelgen können.
Trotz der genannten Einschränkungen war der Abend sehr erfreulich und bleibt dank dreier Sänger bleibend in Erinnerung. MK