Zugegebenermaßen war es von Anfang unser Plan, diese Vorstellung – so nicht ein musikalisches Wunder passiert – nur bis zum Ende des zweiten Aktes zu besuchen. Wir haben auch schon bessere Ideen gehabt.
Dabei war es nicht so, daß es sich nicht gelohnt hätte. Das, wofür wir gekommen waren, war unterhaltsam, musikalisch exzellent und machte einfach Spaß.
Da war zunächst der Landgraf Hermann Kwangchul YOUN, der sich mit opulenten Baßtönen, aber auch klug disponierter Textbehandlung tatsächlich den Mittelpunkt der Wartburg-Gesellschaft bilden konnte, so daß man gerne noch mehr von ihm gehört hätte.
Wolfram von Eschenbach Michael VOLLE macht mit aller Erfahrung wett, daß er eigentlich aus der Rolle hinausgewachsen ist, und die Stimme viel dramatischer klingt, als das Wolframs Persönlichkeit entspricht. Trotzdem hörte man ihm sehr gerne zu.
Als Walther von der Vogelweide brillierte Dovlet NURGELDIYEV. Mit immer breiter werdender Mittellage, die sich großartig entwickelt, ohne daß die blitzsaubere Höhe darunter leidet, gab er ein Lehrstück in tenoraler Eleganz.
Chao DENG war ein unglaublich agiler und präsenter Biterolf. Weniger polternd als in der Partie üblich, begeisterte er mit schön gesungenen Bögen und glänzte – wie alle Sängerkriegskollegen – mit einer exzellenter Sprachbehandlung.
Von Andrew DICKINSON (Heinrich der Schreiber) und David Minseok KANG (Reinmar von Zweter) hätte man gern mehr gehört, aber sie waren in den Ensembles stimmlich und auch im Zusammenspiel mit ihren Kollegen sehr präsent
Der Weg zu diesen positiven Seiten des Abends war allerdings steinig für Auge und Ohr.
Klaus Florian VOGT klang in den Höhen eng und ganz generell wenig strahlend. Es war überraschend wie egal uns „Erbarm’ dich mein“ sein kann. Tannhäuser blieb auch als Figur eindimensional. Was Venus in diesem Allerweltslangweiler sieht, blieb offen. Claude EICHENBERGER vermochte im Venusberg allerdings auch nicht wirklich zu überzeugen, zu sehr lag ihr Fokus auf der Bewältigung der Partie und der Wirren des Regiekonzepts.
Dorothea RÖSCHMANN singt die Elisabeth technisch sehr sauber, allerdings hat man ein ums andere Mal das Gefühl als fehlte es an Volumen, was auch dazu führte, daß das beispielsweise das „Ich fleh für ihn“ nicht so richtig aufzublühen schien.
Friedrich TÖDTER, Solist der Alsterspatzen, konnte nichts dafür, daß uns ein Sopran als Hirt einfach lieber ist. Die vier CHORSOLISTINNEN als Edeldamen machten einen soliden Job.
Der CHOR ist in dieser Produktion wieder einmal szenisch überbeschäftigt, was leider auf die musikalische Leistung auswirkte. Da half auch die Chorleitung durch Eberhard FRIEDRICH nicht.
Das Dirigat Kent NAGANOs war so wenig dynamisch wie immer. Man verlor irgendwie schon im Vorspiel den Faden. Und wer das Hamburger ORCHESTER zuvor im „Trittico“ und/oder der „Norma“ gehört hatte, wünschte sich u.U. diese Abende zurück.
Die Inszenierung von Kornél MUNDRUCZÓ macht aus dem Venusberg eine grüne Inselhölle mit möglichem Anklang an einen Thailand-Urlaub inkl. aller widerlichen Klischees. Die Sänger steigen im ersten Akt gemeinsam mit dem Landgrafen in Funktionskleidung eine Felsenlandschaft hinab. Die teure Halle im Hause des Landgrafens ist eine moderne Eventlocation mit Notausgangsbeschilderung (Bühnenbild: Monika PORMALE), deren Slapstick-behaftetes Catering wohl komisch sein soll. Neben der bereits erwähnten Funktionskleidung bestehen die Kostüme von Sophie KLENK-WULFF u.a. aus bequemer Alltagskleidung für Tannhäuser, roter Befrackung und vielfarbigen Abendkleidern zum Sängerkrieg.
Wie es weiterging, vermögen wir aus den o.g. Grund nicht zu sagen, aber im „Tiffany“ war’s ganz sicher unterhaltsamer als in der Staatsoper. MK + AHS