„Luisa Miller“ – 5. Mai 2023

Große Oper konnte man an diesem Abend erleben, nicht an der Scala di Milano, der Met oder der Wiener Staatsoper – nein, am Staatstheater am Gärtnerplatz in München, wo man „Luisa Miller“ von Giuseppe Verdi glücklicherweise wieder einmal hören und sehen konnte.

Eine geglückte Inszenierung von Torsten FISCHER trug zu dem außergewöhnlichen Opernabend bei. Hierbei hält sich der Regisseur im Wesentlichen nach dem Drama von Friedrich Schiller, Libretto Salvatore Cammerano, führte die Figuren dramengerecht, und es gelang, die Oper werksgetreu auf die Bühne zu bringen. Einige Kleinigkeiten wurden verändert, im 1.Akt gab es anstelle einer dörflichen Geburtstagsfeier eine Hochzeit des Liebespaars, und das Stück begann nach der Ouvertüre mit der Kindheit der beiden Hauptfiguren Luisa und Rodolfo, die Zeugen eines Mordes wurden und demnach schon in einer Welt groß geworden sind, wo das Böse Oberhand hatte, wohl die Gedanken des Regisseurs mit einer Anspielung auf die Verhältnisse der heutigen Zeit. Die beiden Kinder, die sich teilweise auch in den einzelnen Szenen auf der Bühne bewegten, wurden von zwei begabten Kindern wie Elsa MACKENSEN und Titus Maximilian RINZ in stummen Rollen bestens dargestellt.

Dazu kommen ein passendes Bühnenbild und auch die Kostüme von Herbert SCHÄFER und Vasillis TRIANTAFILLOPOULOS, wobei besonders beeindruckend war das Großbild der Luisa Miller, das die ganze Bühne beherrschte. Diese Tragödie in drei Akten wurde am 8. Dezember 1849 im Teatro San Carlo in Neapel uraufgeführt, nachdem es vorweg zu einem ausgiebigen Briefwechsel zwischen dem Komponisten und seinem Textdichter kam, entnommen dem informativen Programmheft. Da jeder Theater- und Opernbesucher die tragische Liebesgeschichte kennt, mag auf die Handlung nicht intensiv eingegangen werden.

Die musikalische Seite der dreiaktigen Oper – unterteilt in Liebe, Intrige und Gift – lag in den bewährten Händen des leider scheidenden Chefdirigenten Anthony BRAMALL, der das ORCHESTER DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ zu einer Höchstleistung führte und dazu noch speziell sehr auf die Stimmen der Protagonisten eingegangen ist. Großer Jubel des Publikums für ihn und auch die Sänger, die nur teilweise aus dem Ensemble des Gärtnerplatztheaters stammten.

Jennifer O’LOUGHLIN, aus dem Ensemble, sang mit großer Koloraturtechnik und darstellerischer Einfühlung in die Rolle der Titelfigur eine unvergeßliche Luisa, während ihr Partner der kirgisische Tenor Jenish YAMANOV als Rodolfo mit einer schön geschulten Stimme bis zu seiner großen Arie „Quando le sere al placido“ sich enorm steigern konnte, auch eine sehr gute Rollengestaltung aufwies, was enorm zum tosenden Beifall des Puiblikums nach der Arie führte.

Als seinen Vater Graf von Walter hörte man zum ersten Mal am Staatstheater am Gärtnerplatz den koreanischen Bassisten Inho JEONG, eine Stimme, die gestalten und färben kann, was das Publikum wiederum zu einem enormen Beifall anregte und der besonders in seiner Auftrittsarie glänzte. Den Vogel allerdings schossen zwei Sängerdarsteller an diesem Abend ab, nämlich zunächst Matija MEIC als Vater Miller, darstellerisch wie stimmlich war er wohl die Idealbesetzung dieser Rolle, was ihm wiederum die ganze Sympathie des Publikums bescherte, bestens disponiert erklang hier Belcanto in Bestform. Neben ihm gestaltete Timos SIRLANTZIS den Bösewicht und Intriganten Wurm, der selbst in Luisa verliebt, unzählige Intrigen spann – man meinte, Mephisto selbst war durch seine nicht nur gesangliche Gestaltung in best disponierte Form auf der Bühne, zumal er noch in vielen stummen Szenen eine kaum zu überbietende Bösartigkeit wiedergab.

In der Rolle der als Braut für Rodolfo vorgesehenen Federica, Herzogin von Ostheim, konnte man Anna AGATHANOS hören und sehen, die stimmlich sich bestens in die Riege der Erwähnten einfügte, sie zeigte eine best disponierte Darstellung dieser Rolle. Man würde sie bald wieder sehr gerne in einer größeren Rolle hören und sehen können. Caroline ADLER als Freundin Laura der Luisa konnte sich in ihrer Arie gegen Ende der Oper sehr gut dem Publikum präsentieren. Ein Bauer (Harin LEE) und ein Offizier (Luca GIACCO) fügten sich in das Handlungsgeschehen gut ein.

Die Choreinstudierung lag wieder in den bewährten Händen von Pietro NUMICO, der den CHOR DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ bei jeder Aufführung zu einer gesanglichen Bestleistung herausfordern kann.

Wie schon geschrieben, bedarf es bei dieser Aufführung nicht einer Reise an die berühmten Opernhäuser mit teuren Eintrittskarten, sondern es muß so angeführt werden, wie das Sprichwort schon sagt „Bleibe im Lande etc.“ und besuche das Staatstheater am Gärtnerplatz in München. I.St.