Ja – ein Schatten fiel im wahrsten Sinne des Wortes auf diese letzte Vorstellung der Bayerischen Staatsoper, die die Opernfestspiele 2022 beenden sollte, und dieser „Schatten“ löste sich aber genauso glücklich auf wie in der Handlung der Oper, denn diese Aufführung wird allen Besuchern an sängerischer Höchstqualität und ebensolcher hoher Musikalität des Dirigenten mit seinem Orchester in ewiger Erinnerung bleiben.
Durch Erkrankung von KS Nina Stemme mußte der Ersatz für die Partie der Färberin Miina-Lisa VÄRELA aus Helsinki eingeflogen werden, das Flugzeug konnte aber erst um 18 Uhr landen, so daß die Oper dann zwei Stunden später begann. Frau Värela sang dann auf der Seite der Bühne, während die Rolle der Färberin die Spielleiterin Therese SCHLICHTHERLE in gekonnter Präzision bühnenreif in stummer Form interpretierte. Frau Värela sang mit best disponierter Stimme und großartigem Einfühlvermögen für die Partie aus der Partitur. Ein großer Erfolg für sie, ihre Stimme sollte desöfteren auf der Bühne der Bayerischen Staatsoper erklingen.
Die stimmige Inszenierung von Krysztof WARIKOWSKI samt Bühne und Kostüme von Malgorzata SZCZESNIAK, in die Jetztzeit gelegt, erschien dem Publikum doch etwas befremdlich, da viele noch die wunderbare Kabuki-Inszenierung in Erinnerung haben. Aber durch die absolute Perfektion sämtlicher Mitwirkenden, sei es Orchester mit Dirigenten und Sänger, vergaß so mancher die Erinnerung daran. Das Dirigat von Noch-GMD in Frankfurt Sebastian WEIGLE gehört zur Spitzenklasse, so wie er vermag nicht jeder Dirigent Richard Strauss durch einen solchen Abend zu führen, vor jedem Akt konnte er die Beifallsbekundungen des Publikums dann mit nach Hause nehmen. Besonders eindrucksvoll und dramatisch erklang das Ende des 2. Akts. Sebastian Weigle dürfte sich hiermit in der Opernwelt als der Strauss-Dirigent seinen Namen geschaffen haben.
Von den Protagonisten in der Reihenfolge des Programmheftes fiel die eindrucksvolle Tenorstimme von Eric CUTLER als Kaiser auf, über das sopranistische Können von Camilla NYLUNG als Kaiserin muß nicht viel geschrieben werden, beide Künstler gaben eine sehr gute harmonische Abendleistung in darstellerischer wie sängerischer Perfektion. Als Amme war Michaela SCHUSTER auf der Bühne, der man die hexenartige Zauberin in Stimme und Darstellung voll abnahm, der Geisterbote von Bogdan BACLU fügte sich in die Reihe der perfekten Gesangssolisten gut ein.
Als Färber Barak konnte sich Michael VOLLE voll ausleben, sein Stimmvolumen ist vollendet, ebenso seine Darstellungskunst dieses Mannes aus dem Volke, der sich gegen das (Zauber-) Schicksal nicht zu wehren vermochte, dann aber doch mit seiner Färberin ein glückliches Ende genießen konnte. Der Jubel des Publikums am Ende der Aufführung für ihn war kaum zu toppen.
Herausgreifend aus der Fülle der sehr guten gesanglichen Darsteller teils aus dem Ensemble und teils aus dem Opernstudio der Bayerischen Staatsoper soll die Stimme des Falken, interpretiert von Mirjam MESAK, Erwähnung finden, da sich dieses Motiv auch während der Orchesterinterpretationen immer wieder hören läßt. Hier auch besonders eindrucksvoll die Solo-Violine von David SCHULTHEIß und das Solo-Violoncello von Emanuel GRAF. CHOR (Stellario FAGONE) und STATISTERIE zeigten sich beim Schlußapplaus auf der Bühne und konnten sich für ihre Leistung den verdienten Applaus des Publikums mit in die Ferien nehmen.
Dieser Abend wird in jeder Hinsicht unvergeßlich bleiben.
Ein Dank der Intendanz und dem dazugehörigen Team für diese Leistung, denn seit Wochen hat die Bayerische Staatsoper das Pech, fast bei jeder Vorstellung Ersatzkünstler, sei es Dirigenten oder Sänger zu suchen, die den jeweiligen Opernabend retten. So waren auch an diesem Abend im Programm der Bayerischen Staatsoper nicht angekündigte Künstler auf der Bühne. Wird wegen Corona das in der neuen Spielzeit so weitergehen? I.St.