Wie jedes Jahr am 7. Dezember erklang die italienische Nationalhymne in der Scala di Milano zur Eröffnung ihrer Spielzeit, dieses Mal 2021/22. Man erwählte zur Eröffnung dieser Spielzeit Giuseppe Verdis Oper „Macbeth“ mit dem Libretto von Francesco Maria Piave, die der Komponist nach Shakespeare gleichnamigen Drama schrieb. Dieser wiederum verewigte die historische Figur des Schottenkönig Macbeth in seinem Drama, der von 1005 bis 1057 lebte, auch die Figur des am Ende auftretenden Malcolm ist historisch erwiesen.
Diese Inszenierung an der Mailänder Scala übernahm Davide LIVERMORE und kann in der Gesamtheit als durchdacht und dieser turbulenten Zeit angepaßt beurteilt werden, denn der Regisseur legte das Handlungsgeschehen in alle Länder der Welt, wo ja derzeit Kriege, Morde, Krankheiten und menschenunwürdige Dinge geschehen, was schon daraus zu ersehen war, daß Macbeth mit Banco in einem Auto die Länder der Welt zu Beginn durchfuhren, also das Gute und das Böse in der Welt war zusammengeschlossen. Bei diesem Bühnenbild kommt die heutige Technik der Video-Einspielungen voll zur Geltung. Auch der auf der Bühne befindliche Lift sollte das Auf und Ab in den einzelnen Szenen aufzeigen, das Fernsehpublikum konnte manche dieser Szenen in schwarz/weiß sehen.
Die musikalische Leitung des Abends lag in den Händen von Riccardo CHAILLY, der das ORCHESTER MAILÄNDER SCALA wie gewohnt bestens im Griff hatte und dem auch die Sängerführung bestens gelang, zumal an diesem Abend ja auch die besten Interpreten für diese so hoch dramatische musikalische Interpretation zur Verfügung waren.
Besonders gespannt war man auf Anna NETREBKO, die die Lady Macbeth wiedergab. Diese Partie scheint ihr auf den Leib geschrieben zu sein, nicht nur stimmlich scheint sie für diese Partie geradezu prädestiniert zu sein, sondern auch ihre Darstellung (sogar gegen Ende der Oper mit Tanzeinlage) könnte nicht besser auf die Bühne gebracht werden. Leider gab es für sie am Schluß der Oper einige Buhs, zwar für den Fernsehzuseher unverständlich, aber es könnte daran liegen, daß eine andere Sprechstimme bei ihrer Auftrittsarie zu hören war. In der Titelpartie war Luca SALSI ebenso eine Idealbesetzung, die Zerrissenheit des Macbeth, den Weissagungen der Hexen und Geister und dann wieder seiner Machtgier und der seiner Frau hörig, konnte er mit einem wohlgeformten und für dramatische Partien geschulten Bariton nicht besser auf die Bühne bringen.
Dazu wiederum großartig in Interpretation in Stimme und Darstellung der Banco von Ildar ABDRAZAKOV. Publikumsliebling Francesco MELI gab den Macduff, dessen Arie „Figli, oh figli, miei“ wieder einmal beim Publikum bestens punkten konnte. Eine stimmliche Entdeckung des Abends in der kurzen Partie des Malcolm dürfte Iván AYÓN RIVAS sein, eine wohlgeformte Tenorstimme, der man größere Partien wünschen würde. Die übrigen kleineren Partien waren vermutlich mit Ensemblemitgliedern der Mailänder Scala gut besetzt.
Eine besondere Erwähnung muß dem CHOR DER SCALA DI MILANO erbracht werden, der bestens einstudiert, in allen Auftritten, ob im 1. Akt der Hexenweissagungen oder als Gäste der Macbeths und Volk eine perfekte darstellerische Leistung erbrachte.
Diesen Opernabend an der Scala, wenn auch nur im Fernsehen, wird man in dieser verrückten ernsten Zeit noch lange im Gedächtnis haben. -I.St.