Glücklicherweise blieb mir eine vorgeschlagene Reise nach Südafrika erspart. Sidwill HARTMAN erfreute das Berliner Opernpublikum nach einigem Warten wieder mit seinem Radames. (Man muß sich manchmal eben nur gedulden…)
Und was haben die Ägypter für ein Glück mit diesem jungen Heerführer! Das gemütliche Teddybär-Image, das der Sänger auf den ersten Blick vermittelt, schwindet, sobald er mit „Celeste Aida“ beginnt. Er singt diese Arie – wie die gesamte Partie – gekonnt mit einem Selbstverständnis, als hätte Verdi sie allein für seine Kehle geschrieben, und wirkt doch keinen Moment selbstgefällig.
Als Aida und Amneris rangen Ilona TOKODY und Ute WALTHER um die Gunst des Helden. Bei ersterer gab es bis zur Pause kleinere stimmliche Unsauberkeiten, die sie aber routiniert überspielen konnte. Im Nilakt lief die Sopranistin schließlich zu musikalischer Höchstform auf, was sich im Schlußduett noch fulminant steigerte.
Konkurrenz war da ohnehin nicht zu fürchten. Ute Walther konnte sich in den letzten Jahren zwar merklich steigern, aber zu einer wirklichen Interpretin fehlt ihr noch einiges. Besonders schmerzhaft waren an diesem Abend wieder einmal die aus der Linie ausbrechenden Töne in den höheren Lagen.
Reinhard HAGEN erweckt den Eindruck, als könne er mitten in der Nacht geweckt werden und selbst dann eine rollenkonforme Interpretation des Oberpriesters Ramphis abliefern. Seine Stimme kann samtweich, aber auch hart und düster bedrohlich klingen und verfügt über die gesamte Klaviatur dunkler Tiefe.
Für die Ägypter war ihr Pharao der Sohn der Sonne. Vielleicht war das die Intension von Götz FRIEDRICH (Regie) und Pet HALMEN (Bühnenbild), den König auf einem überhohen Thron durch die Gegend schleppen zu lassen… Aber hat denn niemand Mitleid mit Arutjun KOTCHINIAN, der wahrscheinlich deshalb in dieser Partie immer ein bißchen panisch ausschaut?! Erstaunlicherweise gelang es ihm trotzdem wieder seine sonore Stimme und exakten Gesang hören zu lassen.
Lado ATANELI debütierte an diesem Abend in der Rolle von Aidas Vater. Sein Amonasro besitzt alle Attribute eines Kriegerkönigs, ist jung und ein bißchen ungestüm. Stimmlich ist er allen Anforderungen der Rolle voll gewachsen. Die Anspannung, die man hier noch spüren konnte, ist vermutlich auf Nervosität zurückzuführen.
Volker HORN (Bote) und Rachel TUCKER (Priesterin) ergänzten, ohne wirklich präsent zu sein. Die Choreographie und Ausführung der Ballettszenen war auch in der 180. Aufführung scheußlich. Im Graben stand Stefan SOLTESZ dem ORCHESTER DER DOB vor. Beides derzeit ebensowenig ein Garant für musikalische Qualität wie der Chor. AHS