Diese Wiederaufnahme im Stream zeigte eine besonders geglückte und humoristische Inszenierung von Brigitte FASSBAENDER, die die Handlung des nach dem Märchen „Aschenputtel“ mit dem Libretto von Jacopo Ferreti in die Schlösser von Ludwig II. Neuschwanstein und Schloß Linderhof verlegte – Schloßführung zu Beginn inbegriffen und ein besonderes Highlight die zu vermählende Angelina als Kaiserin Sissi von Österreich auftreten und den verkleideten Dandini als besagter Ludwig II. mit dem Hintergrund des Schlosses Neuschwanstein seine Auftrittsarie vortragen zu lassen. Zunächst aber war man nach der Ouvertüre in einem Museum des adeligen Hauses des Don Magnifico, insgesamt beste Inszenierungsideen.
Mit dem Untertitel „La bontá in trionfo“ (Der Triumpf des Guten) sollte die verzeihende Herzensgüte der Angelina betitelt werden. Das großartig durchkomponierte Werk von Maestro Rossini wird bequemerweise meist als dramma giocoso oder opera buffa bezeichnet, ist aber durch die Handlungsfiguren Angelina und Prinz Ramiro mehr eine opera semisera, da diese Charaktere gefühlvoll und schicksalhaft gezeichnet sind. Die weiteren Figuren der Oper sind auch in dieser Inszenierung als in der italienischen Buffotradition befindlich angelegt, was der Regisseurin bestens gelang, Besonders humoristisch gestaltete sie neben dem Auftritt des Dandini die Szenen der beiden heiratswütigen Töchter Clorinda und Tisbe und die Weinkellerszene des Don Magnifico. Alles in allem eine herzerfrischende und ansprechende Inszenierung einer einstmals großen Mezzosopranistin. Die Kostüme waren von Dietrich von GREBNER passend gewählt, obwohl man in der Gesamtheit diese in der Jetztzeit ansiedeln möchte.
Für diesen Abend spielte man eine adaptierte Fassung des Stücks, wohl der Stream-Situation angepaßt. Der Dirigent des Abends war eine Neuentdeckung am Haus, nämlich Ruben DUBROVSKY, der über eine sichere Rossini-Hand verfügt und demzufolge ORCHESTER und Sänger bestens durch den Abend führen konnte.
Die Sänger, wieder fast alle aus dem Ensemble des Hauses, bis auf die Darstellerin der Tisbe Cecilia GAETANI als Gast, die man gerne am Haus wiederhören würde, waren bestens ausgewählt. In der Titelrolle glänzte wieder Anna-Katharina TONAUER, deren Stimme eine unglaublich gute Technik hat, sie geht mühelos von der Höhe in die Tiefe und umgekehrt, was sie besonders im 1. Akt darstellte, obwohl ihr hier die sängerische Darstellung viel abverlangt durch das fast pausenlose Herumspringen auf der Bühne, eine besondere Gratulation ihr, die in ihrer verzeihenden Schlußarie noch einmal alles gab in ihrem perfekten Vortrag.
Ihr zur Seite in bester tenoraler Abendform Gyula RAB, dessen Stimme sich für die Rossini-Interpretationen besonders eignet. Daniel GUTMANN als Dandini (in der Verkleidung des bayerischen König Ludwig II.) schoß mit Levente PÀLL als Don Magnifico den humoristischen Vogel ab, beide Künstler waren an diesem Abend in stimmlicher und darstellerischer Höchstform. Frances LUCEY erbrachte wieder einmal in ihrer nicht nur stimmlichen Gestaltung eine Bestleistung als heiratswütige Clorinda. Alexander GRASSAUER fügte sich in Gestaltung und stimmlicher Bestabendform sehr gut in diese ausgezeichnete Sängerriege ein.
Der HERRENCHOR DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ konnte sich auch in der Einstudierung von Felix MEYBIER bestens präsentieren.
Die Dramaturgin des Hauses Dr. Fedora WESSELER führte anstelle des Intendanten wieder Pauseninterviews durch, die äußerst lehrreich das Publikum hinter die Kulissen führten. Hier erfuhr man vom Dirigenten, daß eine Arie der Oper nicht vom Komponisten selbst stammt, sondern von seinem Assistenten Luca Agolini. Mittlerweile hat man sich schlau machen können, es waren derer zwei Arien, die Arie des Alidoro wurde aber dann später vom Maestro selbst ersetzt, aber die Arie der Clorinda ist noch von Luca Agolini eingefügt. So lernt man vieles aus den Pauseninterviews. Dazu sei noch vermerkt, daß Bo PRICE am Spinett mit kurzen Einlagen das musikalische Handlungsgeschehen bestens unterstützte.
Alles in allem ein musikalisches und durchaus wiederholungsbedürftiges Vergnügen in dieser schrecklichen theaterlosen Zeit. Und ein besonderer Dank dem Intendanten, daß er den Auftretenden immer durch getestete anwesende Mitarbeiter des Hauses das Publikum schenkt, das einfach ein Künstler braucht. I.St.