Wie alle Theater sich jetzt bemühen, Premieren und Aufführungen aus ihrem Repertoire wenigstens im stream ihrem Publikum nahezubringen, hat sich auch Pesaro entschlossen, Rossinis Meisterwerk, die Komödie in zwei Akten, szenisch mit Publikum aus den eigenen Mitarbeiterreihen international allen Rossini-Freunden zu Gehör und Gesicht zu bringen. Die Produktion stammt von 2018, die von der Adriatica-Arena nunmehr ins Teatro Rossini verlegt wurde, und die von Pier Luigi PIZZI in einer sehbaren und äußerst durchdachten Weise auf die Bühne kam, ein wenig dem kleineren Haus angepaßt, und die mit viel humoristischen Szenen, einer comedia gerecht, begeistern konnte.
So schickte Pizzi den Almaviva als zwergenhaftten Musiker im 2. Akt auf die Bühne – eine Bravourleistung für einen Darsteller, der auf Knien verkleinert seinen Tenorpart in dieser Oper verkörpern mußte, was Juan Franco CATELL sehr gut gelang, und der ein sehr gutes tenorales Stimm-Material nebst guter Darstellung gerade für Rossini-Opern aufweist, und der die selten gehörte Schlußarie des Almaviva, die meist wegen Höhenmangels mancher Tenöre gestrichen ist, mit großer Stimmfertigkeit sang.
Als Bartolo und Basilio waren zwei Meister des Buffos auf der Bühne, nämlich Carlo LEPORE, der die sogenannte Schnellsprecherarie des Bartolo in Perfektion sang, während Michele PERTUSI mit seinem stimmlichen bassistischem Können wieder zu einer Höchstleistung in „La calunnia“ auflief. Beide sind Publikumslieblinge, was der Schlußbeifall der Kollegen auch bewies.
Eine Entdeckung dürfte die junge Mezzosopranistin Aya WAKIZONO als Rosina sein, ihre beiden Mezzoarien des 1. und 2. Akts waren bravourös mit guter Darstellung gesungen. Sie, wie alle auf der Bühne stehenden Gesangskünstler, müssen und kommen in Alt und Jung aus der Academia Rossiniana, einer Organisation, die der verstorbene Intendant Alberto Zedda noch ins Leben rief, um spezielle Rossini-Sänger für Pesaro zu bilden. In der Titelrolle des Barbiere konnte Jurii SAMOILOV nicht ganz überzeugen, bei seiner Auftrittsarie fehlte wohl auch ein nicht transponierter Schlußton, und seine Darstellung entsprach nicht ganz dem, wie man sich diese Partie wünscht.
Sehr gut besetzt war die Partie der Berta mit Elena ZILIO, die sich bei ihrer Arie als Liebeswütige outete, in dem sie sogar auf den etwas geistig beeinträchtigten Diener Ambrogio (sehr gut gestaltet von Armando De CECCON) los ging, stimmlich wie darstellerisch sehr gut. Die Rolle des Fiorillo und auch des Polizeioffiziers – also eine Doppelrolle – war von William CORRÓ gut dargestellt, besonders gefiel er als Begleiter des zwergenhaften Almaviva im 2. Akt, als er sich am Cello versuchte.
Dirigent des Orchesters SINFONICE G. ROSSINI war Michele SPOTTI, das sich unter dieser Dirigathand gerade für eine Rossini-Oper sehr wohl fühlte. Auch konnte sich die Choreintudierung (hier der MÄNNERCHOR DES TEATRO VENTIDIDIO BASSO) unter der Einstudierung von Giovanni FARINA gut in die Inszenierung einfügen. I.St.