In einer Zusammenfassung soll über die restlichen Folgen 3 – 5 der Reihe „Hinter dem Vorhang – Talk vom Gärtnerplatz“ – zunächst über die Folge 3 zum Thema „Liederliches! Musik und Sprache, zwei ungehorsame Töchter“ berichtet werden. In dieser Folge stellte der wieder selbst moderierende Intendant Josef E. KÖPPLINGER, die er mit einem Zitat von Goethe begann „Man soll alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen, und wenn es zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen“, dem er den ganzen Abend unterstellte, zwei seiner Ensemblemitglieder vor. Die irische Sopranistin Frances LUCEY, die über ihren Studienweg und Karrierestart zunächst in ihrer Heimat berichtete, und deren Weg sie dann über die Bayerische Staatsoper zum Staatstheater am Gärtnerplatz führten, und den Bariton Daniel GUTMANN, der sich zunächst hauptsächlich für Country-Musik interessierte, auch mit seiner Band „Country Lovers“ Konzerte gab – auch einen Preis, den Country-Award gewann, und dann den Weg zur Klassik fand.
An der Gitarre begleitet von Daniel Gutmann selbst sangen beide Ensemblemitglieder ein irisches Lied „Four green fields“, denn dem Lied war ja schließlich der Abend gewidmet, aber nicht nur. Im übrigen bedeutet „liederlich“ im Volksmund „leichtfertig“, so kann dies durchaus für das noch nicht gelöste Corona-Problem zusätzlich angewendet werden.
Dazu und über vieles in seiner umfassenden Karriere berichtete Konstantin WECKER, die er schon als Jugendlicher im Staatstheater am Gärtnerplatz begonnen hat (Vater Opernsänger). Konstantin Wecker, den man gut und gerne als Revolutionär der Liedermacher bezeichnen möchte, und der dazu auch noch ein Revolutionslied „Den Parolen keine Chance“, von ihm selbst komponiert und am Klavier begleitet, vortrug. Untermalt wurde das Gespräch der „ungehorsamen Töchter“ noch durch Levente PÁLLs Vortrag, der Arie des Figaro aus „Figaros Hochzeit“ „Se voul ballare, signor contino“, was dieser in Begleitung am Piano von Darijan IVECIC, aus Mozarts Oper der französischen Revolution mit seinem bekannten bassistischem Können vortrug. Dazu sang der Tenor Lucian KRASZNEC noch die Arie des Alfredo aus „La Traviata“ „Lung da lei – Dei miei bollenti spiriti““, diese Oper gehört wohl zu den Lieblingsopern von Konstantin Wecker, also wohl ihm zu Ehren. Der Gesprächsabend drehte sich zu recht wohl auch um oben erwähntes „Liederliches“. Glücklich ist, wer nicht vergißt, was nicht zu ändern ist.
Der 4. Aufzug war dem Thema „Grenzgänger oder Lotterleben – Vorurteile und Freiheiten in der Kunst“ gewidmet. Gäste an diesem Abend, der wieder launig und fachbezogen vom Intendanten Josef E. Köpplinger selbst moderiert wurde, waren die am Hause tätigen Ensemblemitglieder Maximilian MAYER und Timos SIRLANTZIS, letzterer konnte sich „nur“ mit einer sehr gut gesungenen Rossini-Arie aus dem „Barbier von Sevilla“ „La calunnia è un venticello“ ausdrucksstark, passend zur abendlichen Diskussion, präsentieren. Zu diesem talk waren noch anwesend die Schauspielerin Jutta SPEIDEL und der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Bernd SIBLER. Letzere berichteten ausführlich über die Entstehung ihrer Liebe zur Musik (bei Jutta Speidel war es eine Aufführung als Siebeneinhalbjährige der „Gräfin Mariza“ mit der unvergessenen Sari Barabas in Rust – bei Kunstminister Sibler eine Schallplatte „Peter und der Wolf“/„Nußknacker“), wobei das Internetpublikum allerdings gespannt den Abend verfolgte, ob es etwas Neues bezüglich der Corona-bedingten ruhenden Veranstaltungen der Theater und Musikstätten geben könnte, aber da blieb es beim bereits Bekanntem. Allerdings macht sich unser Kunstminister über das Weitergehen von Kunst und Kultur in Bayern sehr wohl viele Gedanken, denn der Mensch lebt ja nicht von Brot allein, aber es muß eine neue Welle des Ausbruchs der Krankheit verhindert werden.
Dazu Intendant Köpplinger, daß man wohl für alle Verständnis aufbringen müsse, die Entscheidungen treffen müßten. Die Angst, was wohl aus allem Künstlerischen werden soll in Zukunft war während des ganzen Abends bei allen Beteiligten spürbar. Es kam ebenso spürbar zum Ausdruck, wie die augenblickliche Situation langsam für alle verzweifelt wird.
Der Abend gehörte insgesamt dem jungen aufstrebenden Tenor Maximilian Mayer, der für seinen Auftritt Richard Taubers Eigenkomposition „Du bist die Welt für mich“ wählte, die er mit tenoral dem Komponisten ähnelnden Spitzentönen ausstatten konnte, am Flügel einfühlsam begleitet von Benjamin SPA, der ebenso auch Timo Sirlantzis am Piano begleitete. Dazu konnte man ihn noch in drei Produktionen am Haus im Video erleben, wobei er mir am besten als Tamino und als Freddy in „My fair lady“ gefiel. In „Jesus Christ Superstar“ gelang ihm der große künstlerische Spagat zwischen den gezeigten Genres. Ein großer Gewinn für das Haus ist dieser Künstler.
Es wurde noch über vieles Wichtige und für das Publikum noch nicht Bekanntes gesprochen, auch erfuhr man durch Jutta Speidel, daß sich Künstlerinnen selbst teilweise um ihre Bühnengarderobe kümmern müssen. Den Bezug zum Gärtnertheater hat sie, die auch über ihre verschiedenen Karrierestationen berichtete, nicht nur durch ihre dort veranstalten Charity-Verantaltungen für ihren gemeinnützigen Verein „Horizonte“, sondern auch durch ihre Tochter, die als Sängerin dort schon aufgetreten ist, aber jetzt ebenso „arbeitslos“ in Berlin lebe. Es kam nicht nur bei Jutta Speidel zum Ausdruck, daß sich vieles in der Kunst und Kultur verändern wird. Der Abend endete musikalisch mit dem „Schwan“ aus dem Karneval der Tiere von Camille Saint-Saëns, interpretiert von David PIA (Violoncello) und Monika HOLLER (Harfe), beide exzellente Musiker aus dem Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz.
Wann es wieder ausreichend „Brot und Spiele“ geben wird, kann nur offenbar von Tag zu Tag erwartet werden.
Mit dem 5.Aufzug „Hinter dem Vorhang“ bietet das Staatstheater am Gärtnerplatz wieder eine interessante Folge der talks an, wo sich wieder Intendant Köpplinger als bestens vorbereiteter Moderator für alle Genres seines Hauses präsentieren konnte. Gäste und Interpreten an diesem Abend, der unter dem Motto „Das erste Mal – Unentbehrlich muß man sich hart erarbeiten“ stand, waren Anna-Katharina TONAUER, die sich im übrigen mit der Arie des Cherubino aus Mozarts „Figaros Hochzeit“ „Voi che sapete“ wieder bestens präsentieren konnte, der Musikfilmemacher (der u. a. vor Jahren einen Film über die Bayerische Staatsoper herausbrachte, so auch die „Jahreszeiten“ von Haydn verfilmte – einen Ausschnitt daraus konnte man sehen) und ehemaliger Ministerialdirigent am Bayerischen Kultusministerium, Abteilung Kunst, Toni SCHMID (Intendant Köpplinger, Toni Schmid sei Schuld, daß er das Haus leiten dürfe), sowie der für Musicals am Haus engagierte Armin KAHL, dessen große Erfolge am Haus in Form von Videoausschnitten gezeigt wurden und der auch am Ende mit einem Vortrag aus dem preisgekrönten Musical „Gefährliche Liebschaften“ sein großen Können in diesem Genre bewies. Dazu konnte man erfahren, daß er als bester Darsteller in „Gefährliche Liebschaften“ ausgezeichnet wurde. Daraus zeigte er sein großes Können mit einem eindrucksvollen Vortrag aus diesem Musical „Allmächtig“, begleitet am Piano von Bo PRICE, der im übrigen auch Anna-Katharina Tonauer begleitete.
Man erfuhr während des Abends die ersten Eindrücke aller Beteiligten vom Theaterleben (beim Intendanten selbst war es eine Aufführung der „Czárdásfürstin“ als Heranwachsender mit Großmutter und Tante, bei Toni Schmid ein Besuch als Internatszögling einer Aufführung des „Eugen Onegin“ in Regensburg, bei Armin Kahl war es die Aufführungen der Luisenburg, die er mit seinen theaterbegeisterten Eltern als Kind oft besuchen konnte, und bei Anna-Katharina ebenfalls als Kind eine Aufführung der „Zauberflöte“, hier haben sie eigentlich am meisten die drei Damen beeindruckt). Alle waren der Ansicht, daß gerade das Querdenken eine Verpflichtung des Theaters als solches sei. Man erfuhr weiterhin, daß das Staatstheater am Gärtnerplatz führend ist bei Uraufführungen, vor allen Dingen auch bei Musicals, wo wurde ein Ausschnitt aus „Tschitti, tschitti, bäng, bäng“ gezeigt.
So manches weiteres Neues erfuhr man während des ganzen Abends, vor allen Dingen beeindruckte die Rezensentin die längst gefühlte Tatsache, daß Intendant Köpplinger für das Theater lebt und er bekannte, daß er dafür auch in die Schule gegangen sei, was er durch eine großartige Führung des Hauses immer wieder beweist, und dazu noch gepaart ist mit einer Liebenswürdigkeit und familiären Ausstrahlung in seiner Person. Nur so kann man sich die augenblicklich hervorragenden Leistungen an diesem Haus erklären.
Deshalb und überhaupt empfiehlt die Rezensentin, die Homepage des Staatstheaters am Gärtnerplatz aufzusuchen, in der alle Talks enthalten sind. Diese interessanten und klug aufgebauten Veranstaltungen, die Intendant Köpplinger seinem Publikum bietet, sind selten und bieten Informationen besonderer Art. I.St.