Zum ersten Mal stand in 2015 die an Ostern spielende Verismo-Oper von Pietro Mascagni auf dem Spielplan der Osterfestspiele Salzburg, und wie könnte es anders sein, in einer Starbesetzung mit einem Stardirigenten am Pult, nämlich Christian THIELEMANN mit der SÄCHSISCHE STAATSKAPELLE DRESDEN, da Thielemann ja schließlich GMD von Dresden ist, und damals auch noch Leiter dieser Osterfestspiele in Salzburg war. Warum wird dieser große Musiker diese seine österliche musikalische Heimat in Zukunft nicht mehr sehen? Da geht es ihm wie so vielen unter uns, die ebenfalls ihre 2. Heimat, nämlich die Opernhäuser nur mehr durch Aufführungen der Vergangenheit im Internet oder im Fernsehen (hier Ostersonntag in 3sat) betreten können oder dürfen.
Diese Aufführung darf wohl in ihrer veristischen musikalischen Interpretation und großartigen Inszenierungsideen zu den geglücktesten dieser Oper gezählt werden. Das Libretto von Giovanni Targioni Tozzetti und Guido Menasci wurde nach einer wahren Begebenheit in Sizilien verfaßt, nach dem sich auch der Regisseur der Oper Philipp STÖLZL gerichtet hat, der die Oper in einem von der Mafia beherrschten sizilianischen Dorf allerdings der fünfziger Jahre (Ausstattung der Bühne von Philipp Stölzl unterstützt von Heide VOLLMER, Kostüme Ursula KUDRNA) spielen läßt, wobei allerdings noch gut durchdacht die Teilung der Bühne in einzelne Szenen (Darstellung verschiedener einzelner Geschehnisse des Dorfes mit ihren Bewohnern ) zu sehen ist.
So kam bestens so gelöst die Reue von Santuzza über ihren Verrat während des berühmten Intermezzos sichtbar zum Ausdruck, während man das Dorfgeschehen im übrigen während des Ostersonntags in allen Szenen verfolgen konnte. Dieses Intermezzo ist immer der Orchesterhöhepunkt einer „Cavalleria rusticana“-Aufführung, wo wiederum Christian Thielemann seine musikalische Verismo-Perfektion bewies, die sich auch auf die Sänger auswirkte. Der SÄCHSISCHE OPERNCHOR mit dem SALZBURGER BACH-CHOR und ein THEATER-KINDERCHOR ergänzten die Aufführung.
Als Turiddu gefiel mir in Gestaltung und bestdargebotener Gesangskunst Jonas KAUFMANN, italienische Partien, gerade Verismo-Rollen, liegen ihm offenbar sehr gut, er konnte sich auch von Szene zu Szene stimmlich steigern, besonders erkennbar am Ende der Oper „Mama, il vino generoso“, besonders darstellerisch in seiner Todesszene (die man durch die Regie endlich auf die Bühne brachte). In einer großartigen darstellerischen und sängerischen Leistung war Liudmyla MONASTRYSKA als Santuzza zu sehen, eine um ihre Liebe und Ehre kämpfende Frau, die sozusagen als Notnagel für die durch Kriegseinwirkung verloren gegangene Liebe zu Lola durch Turiddu benutzt wurde, die sogar ein Kind von ihm noch unverheiratet hatte und deshalb als ausgestoßen in diesem bigotten Sizilien galt. Schon um ihrer Ehre und ihrem Ruf zufolge verriet sie Turiddu an Alfio.
Alfio hier als Mafioso auf der Bühne, bestens interpretiert von Ambrogio MAESTRI, vollzog den Mord an Turiddu nach dem sizilianischen Brauch sozusagen gezwungenermaßen, da er den Ohrbiß vom weintrunkenen Turiddu zum Messer-Duell herausgefordert erhalten hatte. Als Mama Lucia war noch in guter stimmlicher Form Stefania TOCZYSKA zu sehen, die als Chefin einer Weinhandlung auf der Bühne war, und als Lola war als junge attraktive Ehefrau des Alfio in Kleid mit Pettycoat Annalisa STROPPA, eine aufstrebende Mezzosopranistin, auf der Bühne. Gegensätzlicher schon äußerlich konnten die beiden Konkurrentinnen um die Liebe Turiddus nicht besetzt sein.
Dieses Werk Mascagnis dringt in seiner mitreißenden veristischen Musikalität immer wieder in die Tiefen der Seele ein, und das Schicksal der darin verwickelten Personen berührt zu tiefst. Nach dem Ende dieses musikalischen Krimis war es schwierig, wieder in die augenblickliche Corona-Opernmisere zurückzufinden. Mag sie bald ein Ende haben. I.St.