Diese Wiederaufnahme des so selten auf den Opernbühnen zu findenen Erstlingswerks des jungen Georges Bizet fand in konzertanter Form endlich nach Beendigung der lang andauernden Umbaumaßnahmen wieder seine Heimat im renovierten Staatstheater am Gärtnerplatz. Und wieder erlebte man einen großen Opernabend, der bewies, daß gerade eine Oper in konzertanter Form die Phantasie und Vorstellungskraft des Zuhörers mehr anregt als eine Inszenierung, in der man sich erst zurechtfinden muß, da bleibt so manche musikalisch interpretierte Szene eines Stücks oft und zunächst im Hintergrund. „Die Perlenfischer“ beweisen den großen Könner Bizet, dessen Ruhm erst durch sein Spätwerk die Oper „Carmen“ entstand, die aber durchaus mit ihr in bester Konkurrenz stehen kann. Sie enthält auch ansprechende Arien und Duette, wie die große Tenorarie des Nadir, die koloraturreiche Arie der Leila und last not least das berühmte Freundschaftsduett des Nadir mit Zurga, die als einzige Ausschnitte aus diesem Werk dem Publikum geläufig sind, und auf deren Interpretation man sich während einer Aufführung freut.
So konnte man dieses Werk endlich an diesem Abend in seiner Gesamtheit kennenlernen, wobei es ohne Zweifel als halbkonzertante Aufführung auf der Bühne war, denn bei der Interpretation ihrer Partien zeigten die Darsteller bereits eine perfekte Rollengestaltung (es fehlten nur noch die passenden Kostüme) untermalt mit einem Video im Hintergrund (Raphael KURIG, Thomas MAHNECKE) jeweils passend zur Szene. Die Handlung des Stücks spielt auf der Insel Ceylon im Perlentauchermileu, wobei sich im 19. Jahrhundert viele Komponisten mit ihren Librettisten – hier Michel Florentin Carré und Eugène Comon – im Orient bewegten, es entsprach wohl dem damaligen Zeitgeist. Am Staatstheater am Gärtnerplatz erlebte man die Urfassung des Werks, denn das Ende des Stücks endete nicht mit Tötung von Leila und Nadir, sondern der ungeliebte Zurga gibt beide frei.
Besetzt war wieder mit großartigen Könnern aus dem Ensemble des Staatstheaters am Gärtnerplatz, und zwar erlebte man wieder mit ausgefeilten bestgelungenen Koloraturen Jennifer O‘LOUGHLIN als liebende Priesterin Leila und Lucian KRASZNEC als Nadir, dessen bestgeschulter Tenor sich wieder in einer hervorragenden Abendform befand und dessen schauspielerisches Können gerade in den Szenen mit Jennifer O‘Loughlin voll zum Einsatz kommen konnte. Dazu Mathias HAUSMANN, der mit kräftigen Bariton-Tönen eine sehr gute Rollengestaltung des Zurga zeigte, sowie die voluminöse Baß-Stimme von Timos SIRLANTZIS, der somit bei seinem Rollendebüt sich bestens präsentieren konnte.
CHOR und EXTRA-CHOR DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ, einstudiert von Felix MEYBIER, konnte sich bestens einbringen. Das Dirigat des ORCHESTERS DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ lag in den Händen von Tom WOODS, der mit großer Einfühlung für das Frühwerk des Komponisten Sänger und Orchester zu dieser unvergeßlichen Leistung führte. I.St.