Wenn ein Bayer extra nach Hamburg reist, um die neue Elbphilharmonie zu besuchen, wird er sofort von seinem Reisebüro nach einem ausgiebigen Besuch des beeindruckenden Komponistenquartiers (es entführt den Besucher in die Welt der in Hamburg ansässig gewesenen Musiker von Telemann bis Brahms) in die Hamburgische Staatsoper geschickt, um sich gleich vollends in das Hamburger Musikleben einzuleben, nämlich konnte er eine sehr gute Inszenierungsauffassung der Oper „Orphée et Eurydice“ erleben, wo John NEUMEIER, den man in München sehr vermißt, mit einer geglückten Integrierung des Balletts in das Werk Christoph Willibald Glucks aufwartete.
Eine sehr gute Ballett-Choreographie, das die Furien in der Unterwelt mit sehr guten Ballett-Solisten aufzeigt. John Neumeiers großes Können erwies sich nicht nur in Choreographie, sondern auch präsentierte er sich als Regisseur, Bühnenbildner und sorgte auch für die Kostüme, so daß insgesamt der Abend für Liebhaber des Barocks im Allgemeinen ein Genuß war.
Es standen ihm nicht nur eine beste Tanzkompanie der Hamburgischen Staatsoper zur Verfügung, sondern auch sehr gute Gesangsinterpreten, nämlich in erster Linie Dimitry KORCHAK als Orphée, dessen Stimmtimbre als weltbekannter Rossini-Interpret sich bestens für diese Partie eignet (in musikalischen Frühzeiten sang diese Kastraten-Partie ja immer ein Alt oder Mezzo), und er war wohl an diesem Abend in bester Abendform. Die weiteren Interpreten waren Andriana CHUCHMAN in der Rolle als gut interpretierte Eurydice und Elbenita KAJTAZI als Amore.
Dirigent des PHILHARMONISCHEN STAATSORCHESTERs war Alessandro DE MARCHI, begleitet von einer sehr guten Choreinstudierung von Eberhard FRIEDRICH.
Am nächsten Tag dann das lang erwartete Matinee-Konzert in der Elbphilharmonie, meisterhaft dirigiert von Bertrand de BILLY mit einem jungen vor einer großen Pianisten-Karriere stehenden Lucas DEBARGUE mit Werken von Maurice Ravel, Franz Liszt und Josef Suk, und am Abend zum krönenden Abschluß eine Aufführung wieder in der Staatsoper mit Georges Bizets „Carmen“ mit einem einfühlsamen und doch temperamentvollen Dirigat von Lorenzo VIOTTI, dem eigentlichen Grund, diese Oper zu besuchen, den man kaum in München erleben kann und dessen großes Vorbild sein berühmter verstorbener Vater Marcello Viotti ist, dem er in nichts nachsteht. Eine gute Repertoire-Aufführung erwartete hier im übrigen das Publikum.
Insgesamt ein bleibender bester Eindruck vom Musikleben in Hamburg. I.St.