Es ist eine ganze Weile her, daß wir in Carreras-Konzert besucht haben, und so war uns ganz recht für einen Abend nach Braunschweig zu fahren.
Geboten wurde im ersten Teil des Abends eine Mischung von Tosti über Zarzuela bis Musical, während der zweite Teil komplett im Zeichen des nahen Weihnachtsfestes stand.
José CARRERAS‘ Auftritte sind seltener geworden, aber man spürte vom ersten Auftreten an, daß er nach wie vor Spaß am Singen hat. Mit klug gewählten Arrangements und einem Repertoire, daß Bekanntes und Unbekannteres intelligent mischt, konnte er vollkommen überzeugen.
Natürlich sitzt mittlerweile nicht mehr jeder einzelne Ton hundertprozentig, und es brauchte an diesem Abend einige Momente, bis die Stimme auf Betriebstemperatur war, aber all das, was man an Musikalität und Präsenz stets schätzte, ist auch jetzt noch vorhanden und wird in der gewohnt professionellen Form präsentiert. Das Timbre ist unverändert vorhanden, die Phrasierung und das Wissen um den Text (er sang immerhin inklusive Zugaben in sechs verschiedenen Sprachen) adeln auch Stücke, deren musikalischer Gehalt eigentlich nicht so groß ist.
Das BRAUNSCHWEIGER STAATSORCHESTER erwies eine sehr gute Wahl. Unter der Leitung von David GIMENEZ glänzten die Musiker in den Orchesterstücken, aber nicht nur dort. Das Temperament des Dirigenten und die Fertigkeiten des Klangkörpers ergänzten sich hervorragend. Man hätte ohne weiteres glauben können, daß Dirigent und Orchester schon eine lange Beziehung verbinde, so perfekt wirkten sie aufeinander eingespielt.
Auch der CHOR löste seine Aufgaben an diesem Abend auf hohem Niveau. Kurz gesagt, das Staatstheater Braunschweig nutzte die Gelegenheit, auf das, was es zu bieten hat, mit Nachdruck aufmerksam zu machen.
So wäre es wohl auch wünschenswert gewesen, wenn man dem Tenor vielleicht auch eine Partnerin aus dem Ensemble des Theaters zur Verfügung gestellt hätte. Die Leistungen, die Natalia USHAKOVA bot, zu überbieten, wäre wahrscheinlich keiner gut ausgebildeten Solistin schwergefallen. Es ist schwierig zu sagen, was den Abend über anstrengender war: dem enervierenden Gesang zu lauschen und dabei zumindest den Versuch zu machen, hinter die dabei genutzte Gesangtechnik zu kommen, oder seine Aufmerksamkeit auf die teilweise recht merkwürdig anmutenden Bewegungen (temperamentvoll = Arme hochreißen und schwenken) zu lenken. Weder stimmlich, noch in der Artikulation wußte der Sopran zu überzeugen, konnte aber zumindest einen Teil des Publikums und die lokale Presse für sich gewinnen. MK & AHS
P.S.: Es stellt sich übrigens die Frage, ob die Volkswagen Halle Braunschweig eigentlich kein Publikum mag. Anders kann man nicht erklären, warum es zwischen schwer und so gut wie unmöglich war, den Parkplatz der Halle zu finden, der zunächst mit verwirrend widersprüchlichen Schildern und dann gar keinen Hinweisen mehr versteckt wird. Wir haben durchaus schon einmal dreißig Minuten lang eine Parklücke gesucht, einen ganzen Parkplatz allerdings noch nie.