„Norma“ – 29. Juni 2015

Die erste Vorstellung zu Beginn der Opernfestspiele 2015 galt Vincenzo Bellini und seiner hochkarätig durchkomponierten Belcanto-Oper, bei der man eine Sängerriege braucht, die im Belcanto zu Hause ist und dazu einen Dirigenten, der durch eine Oper dieser Art partiturgerecht führen kann. Letzeres ist dem Dirigenten Paolo CARIGNANI nur bedingt gelungen, da er die Ouvertüre in einem unerwarteten Schnelltempo dirigierte, so daß manche Töne verwischt zum Publikum kamen, während er aber in der Folge des Abends dann das BAYERISCHE STAATSORCHESTER gerade auch in der Sängerführung gut in den Griff bekam.

Die Inszenierung stammt mit Bühne und Kostüme und Lichtkonzept von keinem Geringeren als Jürgen ROSE, der allerdings ein viel zu dunkles Bühnenbild zeigt, die Kostüme zwar in die Zeit der römischen Besatzung in Gallien zeitgerecht verlegte, allerdings merkwürdigerweise Protagonisten und Chor mit Waffen der Jetztzeit ausstattete, warum? Ansonsten gelang es ihm, die Handlung der Oper librettogerecht (Felice Romani) auf die Bühne zu bringen.

Diese Oper enthält viele Chorszenen, die bestens einstudiert und erarbeitet von Stellario FAGONE auf die Bühne kamen, der starke Schlußapplaus des Publikums belohnte diese Leistung des CHORES.

In der Titelpartie der sich opfernden Priesterin Norma könnte man als Entdeckung der Bayerischen Staatsoper Sondra RADVANOVSKY bezeichnen, die ausgestattet mit einem kräftigen Sopran und ausgefeilten Pianihöhen, die sie partiturgerecht einsetzte, für diese Partie geradezu prädistiniert scheint, und dazu noch ein gutes Darstellungsvermögen besitzt. Ihr zur Seite in der Tenorpartie des Pollione Zoran TODOROVICH, der schon einige Produktionen dieser Oper an der Bayerischen Staatsoper gessungen hat und der freundlicherweise für einen erkrankten Tenorkollegen an diesem Abend einsprang, der diese Partie aus dem ff beherrscht, und den man sehr gerne wieder auf der Bühne der Bayerischen Staatsoper hören und sehen möchte.

In der Rolle des Oberpriesters der Druiden Oroveso ertönte die gewaltige Baß-Stimme von Mika KARES, Ekaterina GUBANOVA als Adalgisa war mit einem schönen warmen Mezzo eine Idealpartnerin für Sandro Radvanovsky, beide Stimmen konnten in den Damen-Duetten sehr gut harmonieren. In den kleineren Partien fügten sich Golda SCHULTZ als Clothilde und Francesco PETROZZI als Polliones Freund sehr gut in das hervorragende Sängergefüge ein. In den stummen Rollen der Söhne Normas waren August BODE und Quirin STIEGLMEIER gut ausgesucht.

Ein erquicklicher Belcanto-Abend zur Eröffnung der Opernfestspiele 2015 an der Bayerischen Staatsoper.
I.St.