„Tannhäuser“ – 28. Mai 2017

Ein Sängerfest in der Staatsoper – nicht auf der Wartburg, so könnte man diesen Abend bezeichnen mit einem Dirigenten am Pult, nämlich Kirill PETRENKO, der diesen Richard-Wagner-Abend zu einem musikalischen Genuss kreierte, und auf diese Weise man die teilweise merkwürdige und unverständliche Regie von Romeo CASTELLUCCI, der auch Bühne und Kostüme sowie das Licht inne hatte, vergessen konnte. Mit diesen Sängern konzertant – ein Genuss ohnegleichen.

Man hörte eine Zusammenfassung der Pariser Fassung vom 31. März 1861 in Verbindung der Wiener Bearbeitung vom 23. November 1875, dadurch erklangen manche Stellen neu und ungewohnt, aber äußerst gut integriert.

In der Titelrolle Klaus Florian VOGT, der seinen Part, darstellerisch gut interpretiert, bis zum Schluß (so perfekt hat man selten die Rom-Erzählung gehört) best disponiert durchsang, in der weiteren Reihenfolge des Programmheftes einen stimmlich beeindruckenden Georg ZEPPENFELD als Hermann, Landgraf von Thüringen, Christian GERHAHER als Wolfram von Eschenbach, der seine Liederfahrung hier gut einbringen konnte, und zwei Entdeckungen Dean POWER als Walter von der Vogelweide, dem Kirill Petronko sein Lied in den 2. Aufzug wieder eingebaut hatte, und Peter LOBERT als Biterolf; Ulrich REß als Heinrich der Schreiber und Ralf LUKAS als Reinmar von Zweter fügten sich gut ein.

Eine Sternstunde des Abends war wieder einmal Anja HARTEROS als Elisabeth, gefühlvoll und einfühlsam sang sie ihren Part und entsprach somit voll den Vorstellungen des Komponisten für diese Rolle, obwohl ihr der Regisseur wenig Darstellungsfreiheit für ihre Rolle gab. Ebenso war Elena PANKRATOVA als Venus eine geglückte Besetzungswahl, mühelos und perfekt gesungen erklang der erste Akt, obwohl sie der Regisseur in einem Fleisch- nicht Venusberg nur mit Gesicht auftreten ließ, im 3. und letzten Aufzug sang sie hinter der Bühne (letzteres war ausnahmsweise keine so schlechte Regie-Idee).

Die Kostüme meist in der Jetztzeit und in Schwarz zeigten wenig Ideen und waren Einheitskostüme. Lediglich im 2. Aufzug kam durch die einer Jagd angepaßten Kleidung mehr Farbe auf die Bühne, schon durch die Erscheinung des Hirten, ein Statist, gesungen von Elsa BENOIT hinter der Bühne. Bevor ein wenig auf die seltsame Regie mehr eingegangen werden kann, muß die außergewöhnliche Chorleistung des OPERNCHORS DER BAYERISCHEN STAATSOPER erwähnt werden, die wieder einmal durch die Einstudierung von Sören ECKHOFF zu den musikalischen Höhepunkten des Abends zählte und somit den Abend perfekt abrundete. Dazu gesellten sich die STATISTERIE und die KINDERSTATISTERIE DER BAYERISCHEN STAATSOPER nebst den SOLISTEN DES TÖLZER KNABENCHORs und des OPERNBALLETs, letzteres durch die gute Choreographie von Cindy VAN ACKER.

Während des Vorspiels schon wähnte man sich in der falschen Oper, da halbbekleidete Damen als Walküren (im Bilderteil des 1.Aufzugs hatte man ein lebendes Pferd engagiert) mit Pfeil und Bogen bewaffnet unzählige Pfeile auf ein Auge abschossen, das sich dann in ein Ohr verwandelte, und so ging es weiter mit diesen seltsamen Inszenierungsideen, am Schluß stellte man zwei Sarkophage auf die Bühne mit den Namen Klaus und Anja (was haben die Vornamen der Sänger mit den Opernnamen zu tun?) und warum müssen bei der „Romerzählung“ verwesende Leichen der beiden auf die Bühne gebracht werden, die uns aufzeigen, wie der tote Mensch nach Milliarden von Jahren aussieht? Zum Ende nur Asche zum Verstreuen für die beiden Protagonisten, um sich in ihren Rollen zu vereinen. Ansonsten mag nicht näher auf die Regie eingegangen werden – nur inoweit, daß nach dem 2. und 3. Aufzug heftige Buuhs dafür aus dem Publikum kamen, gepaart allerdings mit viel Beifall für die phantastische Sängergilde nebst Dirigent. Während der Oper ganz leise hinter mir – ich habe es aber hören können – Ehemann zur Ehefrau: „Verstehst Du das alles? Ich nicht.“ I.St.