„Viktoria und ihr Husar“ – 16. Juni 2016

Staatstheater am Gärtnerplatz im Prinzregententheater

Mit dieser Inszenierungsauffassung gelang Intendant Josef E. KÖPPLINGER wieder einmal ein Highlight auf seiner „Wanderbühne“ (renovierungsbedingt), diesmal im Prinzregententheater München. Überhaupt bewältigt Intendant Köpplinger mit seinem Programm diese Renovierungsphase seines Hauses bestens, zumal er nicht einmal planungsgemäß am 4. November 2016 – da wären die 150 Jahre der Originaleröffnung zu feiern gewesen – wirklich das Staatstheater am Gärtnerplatz frisch renoviert eröffnen kann, da sich die Baumaßnahmen unerwartet immer wieder hinziehen. Haben wir hier wieder einmal einen Planungsfehler der Architekten?

An diesem Abend aber schaffte Intendant Köpplinger Großes und Durchdachtes. Das lange vergessene Stück, komponiert von dem jüdischen Komponisten Paul Abraham, dessen europäische Karriere durch die Verfolgung der Nationalsozialisten durch sein Übersiedeln in die USA nur kurz andauerte, konnte durch Intendant Köpplinger eine grandiose Wiederauferstehung feiern. Der Regisseur brachte die Operette in der Urfassung auf die Bühne, deren Uraufführung am 21. Februar 1930 in Budapest stattfand, also man kann sagen in der Nachkriegsphase des 1.Weltkriegs. Das Stück beginnt mit der sibirischen Kriegsgefangenschaft mit kommender Hinrichtung des Husarenoffiziers Stefan Koltay, in der dieser, um sein Leben zu retten, seine spannende außergewöhnliche Liebesgeschichte zur ungarischen Adeligen Viktoria erzählte, die ihn tot glaubte, und deshalb sich mit einem amerikanischen Gesandten vermählte. Das Leben wurde ihm am Schluß zusammen mit seinem Burschen Janczy auch geschenkt, wo er hoffte zu seiner mittlerweile freien Geliebten zurückzukehren – aber ob die beiden letztlich sich vereinen konnten, läßt das Stück in einer Art nebelhafter Traumvision am Ende offen.

Herrn Köpplinger gelang bestens, Gefangenenlager mit den einzelnen Stationen des Handlungsgeschehens auf die Bühne zu bringen und zu verweben. Das Erzählungsgeschehen konnte sich bestens verbinden mit dem im Hintergrund der Bühne (Karl FEHRINGER, Judith LEIKAUF) befindlichen eigenen Theater. Das Libretto von Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda für das Staatstheater am Gärtnerplatz überarbeitet vom Intendanten selbst paßte sich selbstverständlich dieser Inszenierung an, ebenso entwarf Alfred MAYERHOFER die dazu passenden Kostüme, hier besonders einfallsreich die japanischen Ringer.

Und dazu erklangen die unvergessenen Melodien des großen Operettenkomponisten Paul Abraham, „Von Mausi, süß warst Du heute Nacht“ bis auf „Meine Mama war aus Yokohama“ war alles wiederzufinden, was dieses Stück zu bieten hat. Für manchem im Publikum mag die Jugendzeit wieder auferstanden sein, wo im Rundkfunk anstelle von Pop diese Melodien ihn in den Tag führten.

Herr Köpplinger wählte für diese seine Inszenierung auch die passenden Interpreten, die nicht nur spielen und tanzen können, sondern daneben auch gesanglich darin Bestleistungen erbrachten. In der Reihenfolge des Programmheftes erlebte man den Schauspieler Gunther GILLIAN als russischer Leutnant Petroff, für diese Rolle sehr gut besetzt. In der Rolle des Stefan Koltay konnte man in Daniel PROHASKA keine bessere Besetzung wählen. Seine Tenorhöhen nähern sich dem italienischen belcanto in manchen passagen an, und dazu war er durch seine Bühnenpräsenz für diese titelgebende Figur einfach ideal besetzt. Als sein Bursche Janczy erlebte man eine Entdeckung für Bufforollen in Josef ELLERS, dessen Badetanz nackt unter dem Duschtuch zum bufforesken Höhepunkt des Abends wurde. Uwe THOMSEN als russischer Unteroffizier nebst Statisterie der Gefangenen nebst den Kindern waren gut geführt auf der Bühne.

In der Erzählung des Husars Koltay war Erwin WINDEGGER als eleganter Diplomat John Cunlight eine sehr gute Wahl, glaubhaft in Liebe und Verzicht zur Gräfin Viktoria, die Alexandra REINPRECHT als kommende Diva der Operette stimmlich gut disponiert, ausgestattet mit einer dafür notwendigen Bühnenpräsenz und Ausstrahlung gut interpretieren konnte, zusammen mit ihrem Tenorpartner Daniel Prohaska könnten sie ein Traumpaar der Operette werden („Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände“).

Christoph FILLER als Graf Ferry und Susanne SEIMEL als O Lia San, stimmlich wie darstellerisch ein sehr gut besetztes Buffopaar. Zum Buschen Janczy gesellte sich noch die Zofe Riquette von Katja REICHERT, die mit ihrem Partner Josef Ellers sehr gut harmonierte. Florian WOLF als Bürgermeister und in der stummen Rolle des Butlers des Cunlight war Johannes BAUER erwähnenswert.

Die CHOReinstudierung von Felix MEYBIER und die Choreographie von Karl Alfred SCHREINER waren von sehr guter Hand, dazu führte Michael BRANDSTÄTTER mit einfühlsamer Dirigathand für Operette das ORCHESTER DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ partiturgerecht durch den gelungenen unvergeßlichen Operettenabend.
I.St.