„My fair Lady“ – 13. Februar 2018

Selten erlebt man einen stehenden Applaus des Publikums nach einer Premiere – aber so geschehen an diesem Faschingsdienstag im Staatstheater am Gärtnerplatz. Es war ein Musicalabend der Superlative, hier stimmte alles, die Regie wieder vom Intendanten selbst Josef E. KÖPPLINGER sowie Bühnenbild und Kostüme von Rainer SINELL und Marie-Luise WALEK und natürlich die überragende Leistung der Sängerdarsteller. Josef E.Köpplinger inszenierte das Stück, das nach George Bernard Shaws Kommödie „Pygmalion“ mit dem deutschen Libretto von Robert Gilbert zur Aufführung kam, das in London Anfang der Jahrhundertwende spielt, handlungsgerecht ohne Zeitversetzungen, ließ allerdings abweichend der Berliner Fassung (die deutschsprachige Erstaufführung fand am 25. Oktober 1961 im Berliner Theater des Westens statt) Eliza Doolittle nebst Vater laut Programmheft in bayerischem Dialekt sprechen, was aber mehr ins Wienerische im Laufe des Abends verfiel (zu erwähnen Couplet des Doolittle anstelle von „Mit ’nem kleen Stückchen Glück“ – hier „Mit ’nem Fingerhut voll Glück“). Er entwickelte großartige Regie-Ideen in allen Szenen, gerade die Londoner Slum-Szenen kamen durchdacht auf die Bühne, unterstützt zeitgerecht durch Rainer Sinells Bühnenbild mit den passenden Kostümen von Marie-Luise Walek, wie schon erwähnt. Allerdings ließ der Regisseur das Ende offen. Kehrt Eliza zu ihrem „Peiniger“ zurück oder hatte der endlich Gefühle zeigende Professor eine Wunschtraumvision, als er Eliza wieder in seinen Räumen sah? Darüber läßt Herr Köpplinger das Publikum entscheiden, was wieder eine Bestidee war.

Der Intendant des Staatstheaters wählte für diese seine Inszenierung auch die passenden und denkbar besten Interpreten für Musical aus, die die Sprech- und Gesangstexte zur Komposition von Frederick Loewe in abendlicher Höchstform auf die Bühne brachten. Für die Rolle der Eliza Doolittle wählte sich der Regisseur Nadine ZEINTL aus, die in ihrer Darstellung des gequälten aus dem Londoner Slum stammenden Blumenmädchens, das zur Lady gemacht wird, in ihrer Rolleninterpretation kaum übertroffen werden kann. Sie vermochte den Übergang vom Versuchskaninchen zur Grande dame („Es grünt so grün“ -hier ein äußerst geglücktes Terzett mit Higgins und Pickering) mit einigen Rückfällen bestens herausgearbeitet darzustellen.

Ihr zur Seite Michael DANGL als Professor Henry Higgins, dessen Ehrgeiz aus dem Slummädchen eine Lady zu machen, in bestem Darstellungsvermögen auf die Bühne kam. Besonders hervorzuheben sind seine bestens herausgearbeiteten Solo-Szenen mit philosophischem Inhalt (u.a. „Ich bin gewöhnt an ihr Gesicht“). Für den Oberst Pickering, der ja in diesem Stück das ausgleichende Element darzustellen hat, war ein Bühnenschauspieler der Sonderklasse erwählt, nämlich Friedrich von THUN.

Den Vogel allerdings schoß wieder einmal Robert MEYER als Vater Doolittle ab, der den Müllkutscher milieu-gezeichnet nicht besser auf die Bühne bringen konnte. In der Rolle des Freddy Eynsford-Hill stellte sich Maximilian MEYER vor, der den verliebten Langweiler gesanglich bestens bewältigte. Sein Solo „Weil ich weiß, in der Straße wohnst Du“ auf einem Laternenpfahl gesungen war ein sehr gutes Entrée. Als Mrs. Higgins sah man Cornelia FROBOESS auf der Bühne, die selbst einmal Eliza Doolittle war, die immer noch durch die Darstellung ihrer Rollen eine große Bühnenpersönlichkeit ist. Dagmar HELLBERG war eine gute Wahl für die Haushälterin des Higgins Mrs. Pearce.

Die weiteren Rollen waren mit Stefan BISCHOFF, Christian SCHLEINZER, Ulrike DOSTAL, Frank BERG, Frances LUCEY, Patrick A. STAMME, Jasmin EBERL, Susanne SEIMEL, Katharina WOLLMANN, Florine SCHNITZEL, Maximilian BERLING, Martin EMMERLING sowie die STATISTERIE gut besetzt.

Die musikalische Leitung hatte Andreas KOWALEWITZ inne, dem eine sehr gute Interpretation der bekannten Melodien von Frederick Loewe mit dem ORCHESTER DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ gelang, dazu wie stets in Perfektion die CHOReinstudierung von Felix MEYBIER. In der Gesamtheit der Tanzeinlagen muß die sehr gute Choreographie von Karl Alfred SCHREINER Erwähnung finden.

Diese Inszenierung sollte sich möglichst lange am Staatstheater am Gärtnerplatz halten, da sie in dieser Form in keinster Weise übertroffen werden kann. I.St.