„La Cenerentola“ – 4. November 2015

Staatstheater am Gärtnerplatz im Cuvilliés-Theater

Da das Staatstheater am Gärtnerplatz als Münchener Actien-Volkstheater justament am 4. November 1865 seine erste Aufführung in Anwesenheit von König Ludwig II startete, ließ es sich Brigitte FASSBAENDER, der die Inszenierung zum 150. Geburtstag des Theaters dieser wohl meist gespielten Oper (neben dem „Barbiere di Siviglia“) von Gioachino Rossini oblag, nicht nehmen, den bayerischen Märchenkönig in das Handlungsgeschehen einzubauen, indem sie die Figur des Dieners Dandini in das Königskostüm steckte (er erscheint ja ohnehin als verkleideter Märchenprinz, um um die Braut seines Herrn zu werben) und ließ ihn aus Neuschwanstein im verfallenen Gutshaus nach einer Braut für seinen Herrn Ausschau halten.

Das Happy End für Cenerentola und Prinz Ramiro fand dann in der Grotte von Schloß Linderhof statt, wo Cenerentola im Reitkostüm der Kaiserin Sissy in der dort befindlichen Gondel zu ihrem Hochzeitsfest anreiste. Das ganze märchenhafte Handlungsgeschehen verlegte Frau Fassbaender allerdings ins 20. Jahrhundert, wo verarmte Adelige ihr von ihnen genutztes Schloß dem Fremdenverkehr zusätzlich für Besichtigungen zur Verfügung stellen. Alles in allem konnte Frau Fassbaender für dieses musikalische Märchen sehr gute Regie-Gedanken in ihre Inszenierung einbauen, zumal ihr dafür auch für Bühne und Kostüme Dietrich von GREBMER zur Seite stand, der ihre Gedanken glänzend verwirklichen konnte, gerade was das Ambiente von Ludwig II anbelangt, nur hätte man sich das Ballkleid der Cenerentola in einer anderen Farbe gewünscht.

Die Idee zur Vertonung des Aschenputtel-Märchens kam offenbar von Rossinis Librettisten Jacopo Ferretti (man sang an diesem Abend in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln – übrigens von den seitlichen Logenplätzen schlecht lesbar), und dem Komponisten gelang es, diese Märchenoper neben dem „Barbiere di Siviglia“ wohl zur meist aufgeführten Rossini-Oper auf den Opernbühnen zu machen. Man hört darin Arien und Duette, die neben dem berühmten Sextett schon zu Ohrwürmern geworden sind. Um Rossini-Opern – gerade diese opera buffa – kompositionsgerecht aufzuführen, braucht man die entsprechenden Interpreten, und das dürfte an diesem Abend gut gelungen sein, obwohl man bei der Figur des Alidoro, der ja der Fadenzieher des Handlungsgeschehen ist, die berühmte Arie des 1. Akts “La del ciel nell’arcano profondo“ nicht hören konnte. Warum?

Als Don Ramiro hörte man die präzis singende höhensichere Tenorstimme von Arthur ESPIRITU, dem man eine gesicherte Karriere in Belcanto-Partien attestieren kann (sehr gut gelungen „Si, ritrovarla io giuro“), als Dandini trat Vittorio PRATO auf mit warmem gut geschulten Bariton, der gerade durch die Verkleidung als Ludwig II viel Sympathie des Publikums erringen konnte. Der Don Magnifico von Marco Filippo ROMANO schoß den Vogel ab durch seine gelungene humoristische Gestaltung dieser Partie und durch ein präzises parlando, das im übrigen alle männlichen Interpreten gut beherrschen.

Tisbe und Clorinda, seine Töchter, gestaltet von Mercedes ARCURI und Dorothea SPILGER, fanden nicht nur stimmlich, vor allem auch in ihrer Darstellung, viel Anklang beim Publikum. In der Titelpartie war Diana HALLER eine gute Wahl, besonders in ihrer Schlußarie konnte sie sich stimmlich noch steigern. Als Alidoro erlebte man Istvan KOVACS mit einer sehr gut geführten Baß-Stimme, man hätte ihm gerne seine große Arie gegönnt.

Der HERRENCHOR DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLAT war nicht nur darstellerisch, sondern vor allen Dingen sehr gut wieder einstudiert von Felix MEYBIER. Die musikalische Leitung des Abends lag in den Händen von Michael BRANDSTÄTTER, der das Orchester des STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ gut, manchmal etwas zu temperamentvoll, rossinigerecht durch den Abend führte.
I.St.