„La Bohème“ – 24. Januar 2016

Graues Wetter draußen, italienisches Operndrama in all seiner Pracht drinnen. Das Lübecker Theater zeigte noch einmal die „La Bohème“-Produktion der vorherigen Spielzeit.

Anna PATALONG strahlte auch diesmal als Mimi. Man kann sich an ihrer variantenreichen Stimme eigentlich nicht satt hören. Einfach nur schön, charakterisiert hier den Gesamteindruck wohl am besten. Evmorfia METAXAKI stand als Musetta ihrer Kollegin an musikalischer und darstellerischer Leistung in nichts nach. Ein echter Ausbund an Temperament und Stimme.

Der Stimme von Gabriele MANGIONE (Rodolfo) geht aktuell einiges von dem, was man in der Premierenserie hören konnte, ab. Es steht zu hoffen, daß dies nur eine kurzfristige Indisposition ist, gehört er auf den kleineren Bühnen doch eigentlich zu den guten Interpreten seines Fachs.

Perfekt disponiert waren die anderen Bohemien. Gerard QUINN als Marcello und Taras KONOSHCHENKO als Colline waren beide nicht nur in der musikalischen Umsetzung unschlagbar. Sie vermochten es auch, ihrer jeweiligen Figur dieses Quentchen an extra Charme zu geben, was definitiv eine Lanze für die tiefen Stimmen brach. Johan Hyunbong CHOI brachte Schaunards eigentliche Leichtherzigkeit und seine Melancholie am Schluß gut in Einklang. Auch stimmlich war es eine treffliche Interpretation.

Seokhoon MOON war in der kurzen Szene als Benoit ebenso großartig wie Mark MCCONNELL quicklebendig als Parpignol. Grzegorz SOBCZAK ist, obwohl noch jung an Jahren, bereits ein dreister Szenendieb. Selten war ein Alcindoro derart präsent. Es darf allerdings nicht verschwiegen werden, daß auch das, was man da hören konnte, recht vielversprechend klang. Ivan LOVRIC-CAPARIN hatte einen kurzen, aber prägnanten Auftritt als Sergeant/Zöllner.

Der CHOR (Leitung: Joseph FEIGL/Jan-Michael KRÜGER) ist ein wichtiger Bestandteil für einen guten Opernabend in Lübeck – und stellte dies auch hier wieder wohlklingend unter Beweis.

Dirigent Andreas WOLF übertrieb es im ersten Teil des Abends mit der orchestralen Herrlichkeit. Nach der Pause klang das ORCHESTER dann etwas leiser, aber nicht weniger schön. Italienische Oper bar jeder falschen Süßlichkeit mit viel Sinn für Dramatik, doch ohne die Ausgelassenheit in den passenden Momenten zu vernachlässigen. Man darf auf Schostakowitschs „Lady Macbeth von Mzensk“, das nächste Projekt mit dieser Konstellation im Graben, sehr gespannt sein.

Diese Puccini-Produktion (Inszenierung und Bühne: Paolo MICCICHÈ) ist zwar nicht preisgewürdigt, besticht aber mit ihrer so schlichten wie stringenten Erzählweise und den spannenden Perspektiven in den Bühnenbildern immer wieder aufs Neue. Und wenn es der opernunerfahrenen Begleitung gleich im ersten Anlauf gut gefallen hat, kann es so verkehrt nicht sein. 😉
AHS