„Tosca“ – 18. November 2016 (Premiere)

Prima Sola la musica

In Lübeck präsentiert man mit dieser Neuproduktion eine musikalisch ausgesprochen gute „Tosca“

Lob gebührt als allererstes Erica ELOFF. Sie ist eine beeindruckende Interpretin der Titelpartie, verließ sie sich doch nicht allein auf schöne Töne ohne Seele, sondern charakterisierte die Figur, die Künstlerin mit variantenreichen stimmlichen Facetten und zeigte auch Mut zu häßlichen Tönen, zu vokalen Ausbrüchen, die sie an den Rand ihrer Kraft zu bringen schienen, und wo es dann doch weiterging, ohne daß das stimmlich so hohe Niveau auf der Strecke blieb. Ein derart schönes wie aufwühlendes „Vissi d’arte“ habe ich lange nicht mehr gehört.

Gerard QUINN ist ihr der perfekte Partner, und so schwelgte der Zuhörer gerade auch in ihren gemeinsamen Szenen im zweiten Akt in perfekter Puccini-Interpretation. Hier braucht es keine szenische Überzeichnung, keine überladene Symbolik, um die Gefährlichkeit Scarpias zu transportieren. Man muß nur zuhören. Mit der Nuanciertheit seiner Stimme allein zeichnet der Bariton ein umfangreiches, akkurates Charakterbild.

Zurab ZURABISHVILI verschrieb sich leider gar zu sehr der Fokussierung auf exponierte Töne, die Cavaradossi zwar durchaus auch zu eigen, aber eben nicht alles an dieser Partie sind und teilweise auch nicht wirklich schön klangen.

Ansonsten war der Abend bis in die kleinste Rolle perfekt besetzt. Seokhoon MOON sang einen beeindruckend präsenten Angelotti. Taras KONOSHCHENKO war als Mesner erzkomisch und stimmgewaltig, aber eben nicht nur das. Sein agiles Spiel und seine perfekte Sprachbehandlung brachten das Gefühl von Italien auf die Bühne.

Schlichtweg grandios war Hyungseok LEE (Spoletta). Seine Stimme mit ihrem warmen Klang und dem perfekten Sitz hat eine großartige Entwicklung gemacht. Es steht zu hoffen, daß man ihn bald einmal in größeren Partien hören kann. Auch bei Grzegorz SOBCZAK wünscht man sich dies, fand er doch selbst als Sciarrone Gelegenheit, stimmlich wie in der Darstellung zu brillieren.

Ryusuke NUMAJIRI bewies am Pult des PHILHARMONISCHEN ORCHESTERS ein weiteres Mal seine Fertigkeiten zur musikalischen Gestaltung eines ganz großen Opernabends. Man hörte Puccini ohne überlautes Orchesterdröhnen, mit Raum für leise Töne und mit perfekt gezeichneten Klangbildern.

All dies bezieht sich nur auf die ersten beiden Akte, denn nach dem zweiten Akt haben meine Begleitung und ich aufgrund der Produktion das Theater verlassen. Zur Inszenierung selbst möchte ich mich nicht äußern. Ich bin es einfach leid, für solche Sachen weitere Worte zu verschwenden. AHS