„L’elisir d’amore“ – 23. Juni 2016

Es gibt Produktionen, die sind wie ein gemütlicher Platz am warmen Ofen. Das ist beim aktuellen Wetter vielleicht nicht die beste Metapher, beschreibt aber recht gut das Gefühl, das Jean-Pierre PONNELLEs „L’elisir d’amore“-Inszenierung mir auch nach einer recht hohen Zahl von besuchten Abenden immer noch vermittelt.

Vermutlich lag es an der Fußball-EM, daß der Zuschauerraum nicht so gut besetzt war, wie es die Produktion und vor allem auch die junge, durchaus hochklassige Besetzung verdient hätten.

Für Norman REINHARDT machte die Staatsoper kurz zuvor noch ein bißchen Tamtam auf der hauseigenen Website und in den sozialen Netzwerken. Der Tenor indes braucht Attribute à la „amerikanischer Startenor“ gar nicht, überzeugte er bei seinem Hamburg-Debüt doch als ausgesprochen schönstimmiger und lebhafter Nemorino. Was für ein Vergnügen, ihm zuzuhören und auch zuzusehen! Sonderpunkte gibt es auch für ihm wegen exzellenter Schafbehandlung (Vorsicht allerdings, das Tier ist durchaus alkoholgefährdet.).

Alexey BOGDANCHIKOV näherte sich Belcore mit Ironie wieHaltung gleichermaßen, ohne daß es für eine Sekunde übertrieben wirkte. Wer hätte gedacht, daß er für Komik ein ebenso großes Talent besitzt wie für die ernsteren Partien… Auch stimmlich war es ein sehr gelungenes Rollenporträt mit schön gesungenen Bögen und gekonnt gesetzten Akzenten.

Tigran MARTIROSSIAN hatte ohrenscheinlich viel Freude an Belcanto mit den sich für seine Stimme bietenden Möglichkeitenund rockte das Haus als Dulcamara. Diese Rolle ist definitiv eines der Glanzstücke seines Repertoires. Leichtigkeit ist hier das passende Stichwort, ohne daß diese Baßstimme als Leichtgewicht bezeichnet werden soll.

Anat EDRI als Giannetta überzeugte in den Ensembles und viel mehr noch mit ihrem ausgezeichnet gesungenen Solo. Es ist erfreulich, was die junge Künstlerin selbst aus dieser kleinen Rolle macht.

Die Adina der Vorstellung, Hayoung LEE sang an diesem Abend viele richtige Töne. Mir fehlte es aber sowohl im Gesang als auch im Spiel an Persönlichkeit. Ihre Gesten wirkten zu oft plakativ, fast wie auswendig gelernt, was auch für die musikalische Interpretation galt. Adina verlor so viel an Unbeschwertheit und Spontanität.

Der CHOR (Leitung: Christian GÜNHTER) löste seine Aufgaben wie stets in dieser Produktion mit Bravour.

Dirigent Nathan BROCK kämpfte anfangs mit kleineren Schwierigkeiten, kurz nach der Pause auch mit einer größeren Panne, was er aber beides rasch in den Griff bekam. Seine Donizetti-Interpretation bestach durch Leichtigkeit und Schwung. Sein „Zauberflöte“-Dirigat im November/Dezember wird sicherlich interessant. Das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER präsentierte sich auf durchweg gutem Niveau.
AHS