„Die Walküre“ – 7., 14. + 20. Januar 2018

Generell ist zu dieser Serie zu sagen, daß von den Sängerleistungen her ein Beginn um 17:00 Uhr dem um 15:00 Uhr wohl eindeutig vorzuziehen ist, klang das Ensemble insgesamt in der letzten Vorstellung wesentlich aufgeweckter als in den vorangegangenen.

Als Wälsungenpaar hörte man in Hamburg Robert Dean SMITH und Jennifer HOLLOWAY. Sieglindes Weg von fürsorglich, die Angst langsam besiegend im ersten Akt hin zur kämpferischen Figur im letzten wurde glaubhaft gezeichnet und gut gesungen. Ihr Partner sang einen herrlich lyrischen, aber trotzdem ausdrucksvollen Siegmund, dem nichts an jener jungenhaft schwärmerischen Energie fehlte, um diese Liebesgeschichte glaubhaft zu machen. (Während seiner schier unendlichen Wälse-Rufe könnte man sich übrigens immer noch locker einen Kaffee im Foyer holen.)

Ein großer Pluspunkt der Serie war auch Liang LI als Hunding mit einer herrlich dunkeltimbrierten Stimme und augenscheinlicher Freude am Charakter zwischen Ehrgefühl und Heimtücke. Die finstere Attitüde in seinem Gesang bot einen guten Kontrast zu seinen beiden Partnern und gab auch im zweiten Akt Raum für das märchenhafte Spiel von Licht und Schatten, Gut und Böse.

In den ersten beiden Vorstellungen wünschte man sich, man hätte ihn als Wotan besetzt, denn Matthias GOERNE konnte hier überhaupt nicht überzeugen. Seiner Stimme fehlt es an Kraft und Durchschlagskraft für den Göttervater und auch darstellerisch blieb er über die Maßen blaß. Seine Interpretation von Wotans Abschied war denn auch so fad, daß am 14.01. für uns der Abend in der zweiten Pause zu Ende war.

Ganz anders in der letzten Vorstellung. Egils SILINS sang und spielte einen großartigen Wotan. Hier verstand man den Gott in seinem Scheitern als Strippenzieher, auf seinem Weg unausweichlich hin zum Untergang. Jede Emotion, jeder Gedanke spiegelte sich im Gesang. Für den Feuerzauber hätte es hier keinen Effekt gebraucht, hörte man das Feuer doch stimmlich lodern.

Vor dem letzten Abend eher ein wenig verhalten, dreht Lise LINDSTROM als Brünnhilde zur letzten Vorstellung dankenswerterweise richtig auf. Hier war sie agil und sang eine Wunschmaid voller Energie und Verve. Mihoko FUJIMURA bot als Fricka gesanglich und im Spiel einen guten Kontrastpunkt, ohne dabei bieder oder gar trutschig zu wirken. Mit diesen beiden starken Damen an seiner Seite tat Wotan einem fast leid.

Purer Luxus war die Besetzung der Walküren. Mit Iulia Maria DAN (Helmwige), Hellen KWON (Gerhilde), Gabriele ROSSMANITH (Ortlinde), Nadezhda KARYAZINA (Waltraute), Katja PIEWECK (Siegrune), Dorottya LÁNG (Rossweiße), Ann-Beth SOLVANG (Grimgerde) und Marta SWIDERSKA (Schwertleite) gab das Hamburger Ensemble eine exquisite gesangliche Visitenkarte seiner Möglichkeiten ab. Ihr Spaß am Walküren-Oktett war hör-, eigentlich beinahe fühlbar. Sie schienen sich gegenseitig mehr und mehr anzustacheln.

Man wünschte sich, daß aus dem Graben etwas von diesem musikalischen Schwung gespiegelt worden wäre. Wie schon ein ums andere Mal geschrieben, bin ich kein Fan der Operndirigate des Hamburger GMD Kent NAGANO. Diesmal allerdings war seine Orchesterleitung selbst von einem nicht subjektiven Standpunkt aus nicht optimal. Die orchestrale Begleitung dieser Serie klang unglaublich langatmig und nichtssagend, ohne daß es zeitlich tatsächlich länger als üblich gedauert hätte. Es fehlte an Prägnanz, Ausdruck und Akzenten. Hinzu kam, daß das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER insbesondere im Blech bei keiner der Vorstellungen wirklich überzeugen konnte.

Die Produktion besticht szenisch durch ihre Langeweile. Nichts ist dabei so prägnant, daß man sich von der Premierenserie her noch daran erinnerte. Einige Einfälle wie die beinahe stetig in Bewegung befindliche weiße Tür im ersten Akt, die schlußendlich auch eine schwerthaltende Funktion innehat („Welch ein Strahl bricht aus der Esche Stamm?“ wird so unfreiwillig komisch – Esche Furnier???), oder die Stockbetten im Walküren-Internat scheinen einfach nur sinnfrei. Sei’s drum. Die Inszenierung gehört zu den negativen Highlights des Hamburger Repertoires.

Kurz: der aktuelle Hamburger Ring lohnt sich nur, wenn einen die Besetzung reizt. Entdeckungen sind hier durchaus möglich – und ansonsten gilt eben, Augen zu und durch. AHS