„Don Giovanni“ – 3. Januar 2014

Wer sich von den meist mißglückten Inszenierungen dieses von Wolfgang Amadeus Mozart musikalisch unübertrefflich komponierten Werks erholen will, muß in die romantische landschaftlich beeindruckende ländliche Atmosphäre des Passionsspielorts Erl fahren, nur hier kann man als nostalgisch fühlender Opernfreund die Seele baumeln lassen. Gerade Mozart braucht einfühlsame Inszenierungen, um einen ungetrübten Genuß seiner Musik zu schaffen, und das ist wieder einmal in Erl voll spürbar geworden.

Denn hier herrscht der Gründer und Leiter der Festspiele Gustav KUHN, der sein ORCHESTER im neu erbauten Festspielhaus durch einen klangvollen Mozart-Abend führte, in dem er auch noch selbst Regie führte. Erl zeichnet sich dadurch aus, daß mit wenigen Requisiten ein handlungsfreundliches Bühnenbild geschaffen wird, das dem Zuschauer die nötige Handlungsinformation voll nahe bringt. So war es auch von Gustav Kuhn gedacht, der durch eine bewegliche weiße Schicksalskugel, eingebettet in ein quadratisches Holzgehäuse, die Geschichte des bereits alternden Don Giovanni nebst seinen Verführungskünsten gut und bühnengerecht (Bühne Jan Hax HALAMA) erzählen ließ. Dazu paßten sich die Originalkostüme aus der Zeit des 17. Jahrhunderts (Lenka RADECKY) sehr gut an, da man ja die Urauffühungs-Fassung mit dem Libretto von Da Ponte von Prag zeigte. Es hätte nur ein wenig mehr Bewegung der Figuren gezeigt werden müssen, so daß manche Szenen den Eindruck einer konzertanten Aufführung erweckten, vermutlich hervorgerufen tatsächlich durch die Urfassung.

In der Titelpartie erlebte man Lucio GALLO, der diesen ältlichen Lebemann mit gewohnt guter routinierter Stimmführung rollengerecht auf die Bühne bringen konnte. Er ließ seine leichte Gehbehinderung wegen eines Probenunfalls (Muskelfaserriß) ansagen – manchmal fiel ihm deshalb das Gehen sehr schwer – was aber für diese Rolleninterpretation nicht störend wirke. Unter solchen Umständen zu singen, ist eine Bravourleistung, und man kann ihm dafür nur danken.

Als Donna Anna erlebte man wieder Anna PRINCEVA, eine ungewöhnlich steigerungsfähige Sopranistin, ihre Schlußarie wurde zum Höhepunkt des Abends, die sie mit Intensität und Leidenschaft vortrug. Ferdinand von BOTHMER konnte seinen Don Ottavio stimmlich ausreichend gut herüberbringen, anders kann man diese ohnehin farblos gezeichnete Liebhaberfigur ohnehin nicht auf die Bühne bringen. Sie braucht eine hervorragend geschulte Tenorstimme, und diese seine Möglichkeiten hat Herr von Bothmer gut ausschöpfen können.

Sehr gut auch Sabina von WALTHER als die unglückliche Donna Elvira. Wiederum schoß die Interpretation eines Leporello den Vogel des Abends ab, denYasushi HIRANO mit einem fülligen profunden Baß und bester Gestaltungsfähigkeit ausstattete. Johannes SCHMIDT als Comendatore wirke in Stimme und Gestaltung (sein Duell mit Don Giovanni im 1. Akt fand leider für das Publikum uneinsehbar hinter einer Säule statt) anfänglich blaß, konnte sich aber in der Friedhofszene und zum Schluß doch steigern. Im 1. Akt hatte man zudem den Eindruck, daß er in der ersten Szene zu früh auf die Bühne kam.

Eine sehr gute Abendleistung erbrachte das Liebespaar Zerlina – Masetto (Sophie GORDELADZE und Frederik BALDUS), ihrer beider Stimmen harmonierten, besonders glänzte Frau Gordeladze in ihrer großen Arie, während Frederic Baldus mit einer gut geschulten Stimme und darstellerisch perfekten Leistung aufwarten konnte.

Wie stets untermalte die Aufführung durch eine sehr gute Chorleistung die CHORAKADEMIE DER TIROLER FESTSPIELE ERL unter ihrem Chorleiter Erich POLZ.

Mit einer Erinnerung an einen wundervollen Mozart-Opernabend kehrte man nach München zurück.
I.St.