„La Damnation de Faust“ – 5. April 2015

Osterfestspiele, Festspielhaus

Diese dramatische Legende von Hector Berlioz, der zu Baden-Baden eine besondere Beziehung hatte, wie man an einer Gedenktafel am Stadttheater lesen konnte, erlebte man in konzertanter Form im Festspielhaus Baden-Baden. Das Werk mit dem Text des Komponisten und Almire Gondonnière nach Goethes „Faust I“ – die beiden Textformer ließen Faust in die Verdammnis geraten, nicht wie bei Goethe in die Erlösung – wurde natürlich in der Originalsprache französisch interpretiert, verständlich für das Publikum mit deutschen und englischen Übertiteln.

Und welches unvergeßliche Erlebnis in musikalischer Weise wurde diesem da geboten. Berlioz hatte ohnehin das Werk für konzertante Aufführungen erdacht, manchmal wird es auch szenisch dargeboten, aber es hat seine Wirkung wirklich nur in konzertanter Weise, da man die einzelnen Teile der Legende – es hat deren vier – durch eine konzertante Wiedergabe viel mehr der eigenen Phantasie überlassen kann, vom Komponisten einzigartig in jeder musikalischen Szene herausgarbeitet, was hier durch das Dirigat von Sir Simon RATTLE und seinen BERLINER PHILHARMONIKERN bestens dargeboten wurde. Allein schon zu Beginn den berühmten „Ungarischen Marsch“ in so fulminanter Weise zu hören – Berlioz ließ seine Kompositionshandlung in Ungarn beginnen – war schon ein Ohrenschmaus, zudem Berlioz jeden einzelnen Teil seiner Legende einfühlsam und gekonnt durchzukomponieren wußte.

Dazu sorgten auch die eingefügten großen Chorszenen (in ausgezeichneter Einstudierung von Johannes ZECH hier der CHOR und KINDERCHOR DER STAATSOPER STUTTGART und einige Herren des PHILHARMONISCHEN CHORS WIEN) für eine perfekte Abrundung.

Die Solisten des Abends waren in bester sängerischer Form. Joyce DiDONATO als Marguerite meisterte ihren Part in ausgezeichneter Stimmposition, ihre Traumbilderscheinung bei Faust mit dem „König in Thule“-Lied war zu Herzen dringend, nicht nur bei Faust, der von Charles CASTRONOVO in tenoraler Bestform, Bühnenpräsenz und Ausdrucksbetontheit auf die Bühne kam. Dazu natürlich Ludovic TÉZIER in baritonaler Fulminanz als Méphistophélès, der den Höllenboten mehr als hintergründigen Verführer zeigte. Beeindruckend seine Schlußinterpretation, als er den von ihm hintergangenen Faust, der mit ihm zur Rettung Marguerites einen Teufelspakt schloß, wie von Anfang an geplant, der Hölle übereignete.

Marguerite wurde hier nicht wegen Kindes-, sondern wegen Muttermordes zum Tod verurteilt, da es in dieser Version nie zu einer körperlichen Vereinigung mit Faust kam. Und hier wurde am Ende auch Marguerite auch von Engelsscharen in den Himmel aufgenommen, was der der Stuttgarter Kinderchor ganz in viel weiß gekleidet, ausgiebig zeigen durfte. In der kurzen Rolle des Brander lernte man die sehr gute Baßbariton-Stimme von Edwin CROSSLEY-MERCER kennen.

Ein Spätnachmittag der besonderen Art in Baden-Baden in der Interpretation eines großen Orchester-Dirigenten nebst den erwählten Solisten.
I.St.