Soll diese geglückte Produktion der Bayerischen Staatsoper – die Inszenierung übernahm einstmals Dieter DORN – wirklich den Bühnentod erleiden, wie es in der Gerüchteküche brodelt?
Das kann man einfach nicht glauben, denn diese Inszenierung ist durchdacht, stellt Mozarts Meisterwerk zeitgerecht in Kostümen und Bühnenbild – hier war neben dem Regisseur auch noch ein erfahrener Theatermann nämlich Jürgen ROSE am Werk – auf die Bühne. Diese Inszenierung frischt die Seele auf. Und dazu Mozarts wundervolle Musik, noch dazu wenn man so hervorragende Sängerdarsteller erlebt wie in dieser Vorstellung, die man zu den geglücktesten Aufführungen der Bayerischen Staatsopern seit langem zählen möchte.
Nach einer temperamentvollen Stabführung bei der Ouvertüre und sehr guter Sängerführung während des Abends stinmte Antonello MANACORDA mit dem BAYERISCHEN STAATSORCHESTER das Publikum voll auf diesen Mozartabend ein, zumal das Publikum das sensationelle Gräfinnen-Debüt von Diana DAMRAU erleben konnte. Frau Damrau kam, sang und siegte. Schon die Auftrittsarie „Progi amor“ – gespickt mit ausdrucksstarken piani – ließ erahnen, wie sie ihre Rollengestaltung weiter zum Publikum bringen wollte. Perfekt „Dove sono“.Auch ihre schauspielerischen Fähigkeiten lebte die Künstlerin voll aus, so zeigte sie eine enttäuschte, vom Ehemann sträflich vernachlässigte Ehefrau, die sich in der Verehrung des pubertierenden Cherubino glücklich fühlte und sehr gerne mit ihm flirtete, in einer stimmlich und darstellerisch sehr guten Zeichnung dieser Figur Angela BROWER. Frau Damrau wird mit dieser Interpretation noch manche Intendanten begeistern müssen.
Als ihr angetrauter Ehemann Graf Almaviva glänzte in baritonaler Bestform Mariusz KWIECIEN, „Ha gia vinta la causa“ könnte nicht besser gesungen werden, dazu im Spiel, vor allen Dingen mit Frau Damrau, zeigte er den Bonivant und selbst eifersüchtigen Ehemann mit einem außergewöhnliches Spieltalent. Die Titelpartie wurde in gewohnter stimmlicher Bestform von Alex ESPOSITO verkörpert, ihm zur Seite die Mezzo-Sopranistin Tara ERRAUGHT als Susanna, deren hochgelagerter Mezzo ausgefeilte Soprantöne hören ließ und eine sehr gute darstellerische Rolleninterpretation zeigte.
Als Bartolo erlebte man Alexander TSYMBALYUK, der diese Partie mit seinem voluminösen Bass in vielen Szenen in den Mittelpunkt stellen konnte, ihm zur Seite Heike GRÖTZINGER als Marzellina, die wiederum eine Idealbesetzung für diese Rolle zeigte. Kevin CONNERS in der Partie des stotternden Don Curzio erbrachte wie stets eine großartige Studie, während Ulrich REß als Musiklehrer Don Basilio sich ausreichend in die Bestsängerriege einfügen konnte. Als Gärtner Antonio war Peter LOBERT eine sehr gute Wahl, sowie Paula JANCIE als Barbarina. Zwei Mädchen wie Anna KHASHE und Nuanh O’SULLIVAN konnten sich gut einfügen, ebenso der CHOR DER BAYERISCHEN STAATSOPER unter der Besteinstudierung von Stellario FAGONE. Das selten gehörte Hammerklavier war sehr gut bedient von Fabio CERRONI.
Das Publikum dankte Sänger nebst Dirigenten und Orchester mit unendlichem Jubel am Ende, teilweise mit stehenden Ovationen. I.St.