Ich
gebe zu, ich bin ein "Stiffelio"-Junkie, diese Oper hat mich schon seit
Jahren gepackt. Umso erfreulicher, daß es jetzt eine neue (anscheinend
erst die zweite offizielle) Aufnahme dieser vielleicht merkwürdigsten
Oper Verdis gibt (Dynamic, 362/1-2). Im Gegensatz zu der Philips-Einspielung
(1979 mit Carreras in einer seiner besten Aufnahmen, Sass und Manuguerra)
hat diese Aufnahme auch die originalen Texte zu bieten, welche bei der
Uraufführung der leidigen Zensur zum Opfer fielen (alles, wo Stiffelios
Priestereigenschaft noch besonders betont wird, wurde verändert).
Die
Besetzung kann sich sehen lassen. In der Titelrolle ist der niemals langweilige
Mario MALAGNINI zu hören, der einem Hörer schon Angst machen kann, da
man immer mal wieder befürchten muß, daß der Ton nicht kommen würde, was
er dann jedoch mit größter Selbstverständlichkeit tut. Hier ist diese
Eigenheit des Sängers sogar Mittel bei einer packenden Rollengestaltung.
Wunderschön das Largo des Finales 1. Akt, und faszinierenden Effekt macht
das kurze Zögern am Schluß, bevor er das erlösende Wort "perdonata" singt.
Dimitra THEODOSSIOU als Lina ist ebenfalls eine gute Gestalterin. Ihr
warmtimbrierter und schön aufblühender Sopran durchmißt jede Nuance des
Bereuens ihres Fehltrittes. Viel mehr Gefühle sind Lina nicht gestattet,
weswegen die Leistung nicht hoch genug gewürdigt werden kann.
Stankar
ist sicherlich eine extrem ehrpusselige Figur, aber was Marco VRATOGNA
an Pathos aufbietet, ist etwas sehr viel, so daß Linas Vater teilweise
schon arg an der Parodie entlangkratzt.
In
den kleineren Rollen ergänzen grundsolide und rollendeckend Giorgio CASCIARRI
(Raffaele), Enzo CAPUANO (Jorg), Bernadette LUCARINI (Dorotea) und Enrico
COSSUTTA (Federico).
Nicola
LUISOTTI leitet ORCHESTRA E CORO DEL TEATRO LIRICO GIUSEPPE VERDI DI TRIESTE
zupackend und engagiert, wobei der Klang insbesondere bezüglich der Solo-Trompete
in der Ouvertüre brillanter sein könnte.
Die
Aufnahme ist jedenfalls eine gute Alternative oder Ergänzung zu der Philips-Einspielung.
MK
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