Wie
gern wäre man dabei gewesen. Bei den Gesprächen zwischen dem Neurobiologen
Gerd Neuweiler und György Ligeti während ihres gemeinsamen Aufenthalts
am Wissenschaftskolleg in Berlin im Jahre 2000/01. Mäuschen hätte man
spielen wollen, wenn die neurobiologische Frage, was den Menschen vom
Tier unterscheidet, nämlich, so Neuweiler, die motorische Intelligenz,
auf die offenen Ohren des Komponisten treffen, den Virtuosität bei der
Ausführung von Musik und Wahrnehmung von Klängen in all ihren Ausprägungen
beschäftigte.
Leider
konnte man bei diesem Austausch nicht dabei sein. Es waren private Gespräche
auf Spaziergängen und im privaten Zimmer. Nach Ligetis Tod 2006 wollte
Neuweiler anscheinend Anregungen dieser fruchtbaren Begegnungen mit dem
faszinierenden Komponisten dennoch mitteilen.
Heraus
kam ein, aufgrund der Materiallage, sehr heterogenes Buch. So beginnt
Neuweiler mit einem Aufsatz über die motorische Intelligenz, der in der
Kürze von vierzig Seiten zwangsläufig einen Leser voraussetzt, der sich
mit den Grundbegriffen der Hirnforschung bereits vertraut gemacht hat.
Gefolgt wird dieser Text von einer Rede Ligetis aus dem Jahr 1991 über
seine und fremde Musik und einer Rede aus dem Jahr 2001 mit überwiegend
autobiographischem Inhalt.
Verknüpfungspunkte
zwischen den beiden Autoren wirken bis hierher sehr gewollt, was anders
wird in dem sehr bewegenden Nachruf Neuweilers auf Ligeti bei dessen Trauerfeier.
Für die theoretische Verknüpfung von Neurobiologie und Ligetis Verständnis
von Musik zu sorgen, obliegt allerdings dem ausführlichen Schlußwort des
Herausgebers Reinhart Meyer-Kalkus. Er fügt zusammen, was vorher eher
lose nebeneinander stand und rettet damit, soweit das geht, den Anspruch
des Buches. Alles in allem also eher eine Hommage an einen großen Komponisten
und genialen offenen Denker denn ein echter Diskurs. KS
György
Ligeti, Gerhard Neuweiler: "Motorische Intelligenz zwischen Musik und
Naturwissenschaft" Hrsg. von Reinhart Meyer-Kalkus, Berlin, Wagenbach,
2007, ISBN 978-3-8031-5175-9, € 19,50:
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