Es
handelt sich hierbei um die erste Studio-Aufnahme von Verdis Umarbeitung
seiner vierten Oper "I Lombardi" für die Pariser Oper im Jahre 1847. Zuvor
gab es Live-Aufnahmen in italienischer Sprache sowie eine Aufnahme der
RAI aus dem Jahre 1975 unter Gavazzeni mit Ricciarelli, Carreras und Nimsgern.
Die erregende Atmosphäre der letzteren erreicht diese neue Einspielung
nicht ganz, dafür ist das Stück ungekürzt mit der vollständigen Ballettmusik
wiedergegeben, so daß man daran nur schwerlich vorbei kommt, zumal die
Besetzung für heutige Verhältnisse ausgezeichnet ist. Man hat hierbei
dankenswerterweise auf die sonst von Plattenfirmen im Übermaß gepushten
Stars verzichtet.
Die
anspruchsvolle Rolle der Hélène ist bei Marina MESCHERIAKOVA in guten
Händen. Vielleicht wäre die eine oder andere Phrase weniger herb vorstellbar,
und an wenigen Stellen kann man hören, daß die Sängerin an ihre Grenzen
stößt, aber der Gesamteindruck ist überzeugend, zumal sie engagiert singt.
Ihr
Gaston Marcello GIORDANI kommt mit dieser Aufnahme endlich zu seinem Plattendebüt,
was einen fragen läßt, weswegen andere Tenöre soviel mehr vorgezogen werden.
Giordani ist auf der Bühne nicht immer unangefochten, hier jedoch stößt
er auf keine Schwierigkeiten. Mit einem hochindividuellen Timbre (wieviele
jüngere Tenöre können das von sich sagen?) und großer Höhensicherheit
ausgestattet verbreitet er Leidenschaft und vermag zu ergreifen.
Roger
(Roberto SCANDIUZZI) bleibt etwas allgemein, er singt tadellos, kann mich
jedoch nicht vollständig von dem erst bösen, dann geläuterten Onkel Hélènes
überzeugen.
In
kleineren Rollen sind Philippe ROUILLON (Comte de Toulouse), der hier
etwas weniger Phlegma als auf der Bühne verbreitet, Daniel BOROWSKI (Legat),
Simon EDWARDS (Raymond), Hélène LE CORRE (Isaure) sowie Wolfgang BARTA,
Slobodan STANKOVIC und Jovo RELJIN zu hören, unter denen es keinen Ausfall
gibt.
Der
CHOR des GRAND THÉÂTRE DE GENÈVE meistert seine umfangreichen Aufgaben
sehr gut, ebenso das L'ORCHESTRE DE LA SUISSE ROMANDE.
Fabio
LUISI dirigiert einerseits schwungvoll und mit Verve, andererseits erscheint
er an einigen Stellen überraschend gebremst. Hätte er hier auch noch losgelassen,
wäre der positive Gesamteindruck wohl noch stärker. [Philips, 462613-2
(2000)] MK
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