Braucht
man eine DVD, wenn man die CD der entsprechenden Aufnahme bereits geschenkt
bekommen hat? Zumal, wenn man um den Komponisten bisher gern mal einen
Bogen gemacht hat? Im Fall der bei Dynamic (33499) erschienenen "Daphne"-Aufführung
aus dem Teatro La Fenice kann ich dies für mich nur mit einem begeisterten
Ja beantworten.
Die
Sage über die sich am Ende in einen Lorbeerbaum verwandelnde Daphne und
ihre beiden Anbeter den Hirten Leukippos und den Gott Apollo erzählt Regisseur
Sergio SEGALINI in sehr minimalistischer Ausstattung und mit zeitlosen
Kostümen, für beides zeichnet Kevin KNIGHT verantwortlich.
Viel
Wert wird dagegen auf eine ausgefeilte und effektvolle Lichtregie (David
JACQUES) gelegt, durch die einzelnen Handlungsorte und -zeiten dargestellt
werden. Aufgrund selbiger gerät der Gott des Lichts zwar hin und wieder
zum Mann im Dunkel bzw. zu dem, der aus demselben kam, aber es finden
sich auch sehr stimmungsvolle Effekte. Licht sowie warme und kräftige
Farben beherrschen als Kontrast zu den eher melancholisch wirkenden Kostümen
generell die Szenerie.
June
ANDERSON bedient die Titelfigur zwar mit einigen recht plakativen Gesten.
Es gelingt ihr jedoch mittels souveränem Gesang und guter Diktion ein
sehr rundes Rollenbild zu vermitteln. Besonders während des Arioso zu
Beginn und in der Trauer um Leukippos hat sie ihre ganz großen Momente.
Herrlich
mürrisch ist Birgit REMMERT als Gaea. Sie singt die Partie gekonnt wie
mit viel Ironie. Der Peneios von Daniel Lewis WILIAMS sollte es eigentlich
neben soviel Frauenpower in der Familie eigentlich schwer haben, sich
zu behaupten, es gelingt ihm jedoch eigene Akzente zu setzen.
Roberto
SACCA gibt Leukippos mit Verve und Inbrunst. Hin und wieder klingt er
ein wenig angestrengt. Mehr als nur Stichwortgeber ist er aber allemal.
Elementar in Gesang und Spiel dominiert jedoch Scott MacALLISTER als Apollo
die Aufführung. Jeder Ton sitzt sicher. Wortdeutlichkeit ist jeden Augenblick
gegeben. Man gewinnt den Eindruck, es wäre nichts einfacher und schöner
als diese Partie zu singen.
In
den kleinen Partien der Schäfer sind Dominik EBERLE, Stefano FERRARI,
Giuseppe ACCOLLA und Emanuelle PEDRINI zu hören. Sie komplettieren das
Ensemble ebenso gut wie Liesl ODENWELLER und Dorothee WIEDMANN als Mägde.
CHOR
(Leitung: Emanuela DI PIETRO) und ORCHESTER des Teatro La Fenice di Venezia
lassen unter Leitung von Stefan Anton RECK eine Strauss-Interpetation
fern jedem überflüssigen Pathos hören und tragen so zur Kurzweil beim
musikalischen Genuß bei.
Kurzum
eine gute Aufnahme, um sich dem Werk Richard Strauss' zu nähern, oder
auch, um einfach einen netten DVD-Abend zu genießen. Bei einem Abend wird
es allerdings wahrscheinlich nicht bleiben. Letztlich macht "Daphne" in
dieser Form Lust aufs immer wieder mal Reinschauen/-hören. AHS
P.S.
Vorsicht! Diese "Daphne" macht nicht nur süchtig. Sie missioniert auch
Leute, die sich bisher beharrlich gegen jeglichen Strauss, egal, in welcher
Form, gesträubt haben... Zu entsprechenden Risiken und Nebenwirkungen
fragen Sie daher am besten Ihren (musikliebenden) Arzt oder Apotheker
oder lesen vielleicht, was wir demnächst zur konzertanten "Daphne" aus
Hamburg berichten.
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