Das
debile Gehüpfe der Elfen im Schilf gleich zu Beginn läßt Schlimmes erahnen.
Aber weit gefehlt. Schon Rusalkas erster Auftritt, in dem sie mit fließenden
Bewegungen ihr Leid besingt, zeigt die ganze Dramatik, zeigt das Elend,
das sie angesichts ihrer Lage empfindet. Sie will weg von hier, will Mensch
werden, koste es, was es wolle.
Das
Seeufer ist ein Idyll, aber am Rande der Zivilisation (Bühne Karl-Ernst
HERRMANN), ein Hochspannungsmast steht im Hintergrund, in der Ferne ist
die Sillouette von New York zu sehen. Dahin will Rusalka, in die kalte
sterile Welt der Menschen.
Als
der Prinz auftaucht, mit greller Jacke und blonder Fönwelle, kann man
Rusalkas Faszination nicht ganz verstehen, aber Piotr BECZALA gelingt
der Spagat zwischen unsympatischem Lebemann und dem Durchscheinen echter
Gefühle wieder einmal eindrucksvoll, nicht zuletzt durch seine großartige
Gesangskultur. Also muß die Jezibaba helfen, die hier als rotes spinnenartiges
Wesen über die Bühne schleicht, mit Buckel und dünnen Armen (Kostüme Victoria
BEHR). Sie schneidet Rusalka aus ihrem Fischschwanz und überreicht ihr
ein Kleidchen in unschuldigem Weiß mit folklorischtischen Stickereien.
Welch ein Gegensatz zu der futuritischen Robe der fremden Fürstin, metallisch
glänzend, starr, der Metallglanz selbst in den Haaren. Und auf welchem
Niveau sich diese Gesellschaft bewegt, wird dann nochmals auf dem Fest
deutlich. Geile ältere Damen lassen sich nur zu gern die Anmache des durchtrainierten
farbigen Tänzers (Ádamo DIAS) gefallen, der seinen Körper präsentiert.
Das ist nicht Rusalkas Welt, aber zurück kann sie eben auch nicht.
Zumal
als wir sehen, wie das Seeufer mittlerweile ausschaut. Überall ist Zivilisationsmüll
verstreut, die Waldelfen spielen zwar damit, aber von Idylle keine Spur
mehr. Dies
ist der Hintergrund für das starke Schlußbild, das diesmal dem Wassermann
und nicht Rusalka und dem Prinzen gehört. Jener taucht noch einmal aus
dem See auf, um die Menschen zu verfluchen, ein alter Mann, der längst
keine Macht mehr hat, nur noch lächerlich ist, zumal er bereits von einem
dicken Film Rohöl überzogen ist. Aktueller geht's kaum, die Menschheit
hat es wieder einmal geschafft, alles zu zerstören.
Hier
hat die Realität dem Regisseur Matthias HARTMANN eine Steilvorlage gegeben,
die er zu nutzen weiß. Vladimir FEDOSEYEV am Pult des ORCHESTERS DER OPER
ZÜRICH findet dafür den richtigen Ton, temporeich aber nicht kalt, wobei
die Abstimmung zwischen Bühne und Graben noch nicht immer perfekt war.
Krassimira
STOYANOVA in der Titelpartie spielt zurückhaltend, aber dadurch nicht
weniger glaubwürdig, ihr Lied an den Mond auf leerer Bühne mit aufsteigender
Mondscheibe gelingt eindringlich. Alfred MUFF gibt einen kleinen alten
Mann in blauem Gehrock und Zylinder mit überdimensionalen Schwimmhänden,
die ihm schon von Beginn an nicht wirklich mächtig erscheinen lassen,
aber schließlich nehmen ihn ja selbst die Elfen (Sandra TATTNIGG, Anja
SCHLOSSER und Katharina PEETZ) nicht so ganz ernst.
Michelle
BREEDT liegt die Partie der fremden Fürstin nicht so, ich hätte sie lieber
als Jezibaba erlebt, wo sie stimmlich und darstellerisch viel mehr zur
Geltung gekommen wäre, was nicht heißen soll, daß Liliana NIKITIANU die
Rolle nicht ausgefüllt hätte. Ganz im Sinne der Inszenierung war der Küchenjunge
eine Businessfrau im Kostüm, als die aber Eva LIEBAU mit viel Komik überzeugte.
So
viel Aktualität in einem Märchen und dazu Dvoráks wunderbare Musik, da
muss man sich um die Zukunft der Oper nicht sorgen. KS
|