Mit
einer Inszenierung zum Wohlfühlen der Vertonung der Dichtung nach Alexander
Puschkins gleichnamigen Versroman "Jewgeni Onegin" wartete Grischa ASAGAROFF
in Zürich auf, hier war man im Rußland der Jahrhundertwende und spürte
durch und durch, nicht nur musikalisch (einfühlsames Dirigat von Vladimir
FEDOSEYEV), die russische Seele voll und ganz. Die ländliche Idylle nebst
eintönigem Landleben im 1. Akt, in die der Globetrotter Eugen Onegin etwas
Farbe brachte, konnte man nicht besser auf die Bühne bringen, das Bühnenbild
(Bernhard KLEBER) und die teils zeitgenössischen Kostüme (Reinhard VON
DER THANNEN) unterstrichen die Inszenierungsgedanken. Allerdings war der
letzte Akt zu karg ausgestattet und die Polonaise (gute Choreographie
Stefano GIANETTI) hätte in einen helleren Prunksaal des Fürsten Gremin
gehört, paßte sich hier aber der Gefühlswelt der beiden Hauptfiguren Tatjana
und Onegin an. Eine gute Regie-Idee war auch, den Fürsten Gremin in den
Rollstuhl zu setzen, um zu demonstrieren, daß Tatjana, ausbrechend aus
der eintönigen ländlichen Welt mit Standesrücksichten, und um ihre unglückliche
Liebe zu vergessen, diesen alten gebrechlichen Mann heiratete.
Die
Abendbesetzung war mit großartigen Sängern ausgestattet, die wohl für
diese Oper kaum ein weiteres Opernhaus im Moment auf einmal zu engagieren
weiß. In der Titelrolle erlebte man einen glänzend disponierten Thomas
HAMPSON, dessen Bariton immer fülliger zu werden scheint. Diese Rolle
des arroganten gelangweilten Weltreisenden mit anfänglicher Gefühlskälte,
die erst am Schluß zu weichen schien, schien für ihn auf den Leib geschneidert.
Petra Maria SCHNITZER als Tatjana konnte mit ihrem sehr gut geschulten
pianireichen und ausdrucksvollen Sopran gerade in der Briefszene einen
großen Erfolg verbuchen, während die höhensichere schöne Tenorstimme von
Piotr BECZALA in der Gestalt des unglücklichen Lenski (die Maske leistete
hier Erstaunliches) gerade in seiner Todesahnung wieder einmal den Vogel
abschoß. Unglaublich, wie man sich an diesem Abend immer wieder an den
unvergessenen Fritz Wunderlich in dieser Partie erinnerte.
Matti
SALMINEN als Gremin sang diese Partie routiniert, Boguslaw BIDZINSKI als
der französische Geburtstagsgratulant des 1. Akts Triquet war in dieser
Partie ausreichend gut, Anja SCHLOSSER als leichtfertiger Teenager Olga
harmonierte besonders im 1. Akt sehr gut mit Petra Maria Schnitzer und
war hiermit sehr gut besetzt. Auch die restlichen Figuren wie Larina (Stefania
KALUZA), Cornelia KALLISCH als Njanja (sehr gut ihre Jugenderzählung),
Valery MURGA als Sarezki, Vesselin TSCHAKOV als Vorsänger und Bernhard
RUBIN als Guillot rundeten die in russischer Sprache gesungene Aufführung
sehr gut ab.
Adrian
HOCHSTRASSER, als Schwarzer Engel im Programmheft angegeben, brachte diese
Schicksalsfigur sehr gut auf die Bühne, nebst den weiteren Tänzern Camilla
HOFFMANN, Ivano CHIARAVALOTTI, Marc MEYER, Eric MÜLLER, Adriano PICCIONE
und August WICK. Nebst dem sehr gut einstudierten CHOR DER OPER ZÜRICH
(Leitung Kelly THOMAS, Sarah TYSMAN) seien noch die Bediensteten Elsbeth
TREICHLER, Brigit EICHENBERGER, Julia CHERENETEFF und Rolf TEICHLER erwähnt.
Diese
Aufführung wird lange bei einem nicht ("Onegin"-) verwöhnten Münchner
Opernfan in Erinnerung bleiben. I.St.
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