Jonathan
MILLER hat diese Produktion 1993 inszeniert, und es ist erstaunlich, wie
wenig abgenutzt sie ist! Sie ist sehr klassisch, stilisiert, aber verfügt
über die nötige Ironie für das Stück. Die Protagonisten haben auch immer
noch sichtlich Freude, sich mit voller Lust in die Rollen zu stürzen.
Auch
wenn ich persönlich in dieser Rolle (und Inszenierung) Juan Pons vorziehe,
entwickelte Ruggero RAIMONDI ein eigenes, packendes Portrait. Die Stimme
ist zwar zwischenzeitlich manchmal etwas brüchig geworden; das schadet
aber dem „vecchio John“ nicht, im Gegenteil. Raimondi vermag die burlesken
Facetten wie auch die eigentlich traurig stimmende Persönlichkeit des
Falstaff perfekt zu verkörpern (der quasi ein Bruder des „Ritters von
der traurigen Gestalt“ ist, den Raimondi ebenfalls meisterlich umsetzen
kann).
An
seiner Seite brillierte Michael VOLLE als Ford. Was da an Wohlklang, an
Differenziertheit, an Volumen, Spielfreude und stimmlichen Möglichkeiten
zu hören war, bestätigte wieder einmal die momentan überragende Form dieses
Sängers. Jonas KAUFMANN war ein hinreißender Fenton, vor allem in den
leisen, lyrischen Tönen gefiel er mir ausnehmend gut. Auch wenn die dramatischeren
Passagen gut gemeistert wurden, so rutscht die Stimme manchmal noch etwas
aus dem Fokus. Aber auch von ihm wird man sicher noch viel hören!
Für
meine Begriffe singt Peter STRAKA (Dr. Cajus) in jeder Rolle zu stentorhaft.
Gewisse Partien mögen dies verkraften, bei Verdi stört es mich.
Die
Damenriege war stimmlich in bester Form: Eva MEI (eine bezaubernde Alice
Ford), Stefania KALUZA (Meg Page), Annamaria CHIURI (eine ironische Mrs.
Quickly, wie sie im Buch steht) und Martina JANKOVA (eine entzückende
Nannetta).
Die
kleineren Rollen waren durchweg gut besetzt, nur das ORCHESTER unter Nello
SANTI dröhnte leider wieder einmal, so daß ich fast einen Tinnitus bekam!
Obwohl Santi auch schon bessere Abende gehabt hat, liegt ihm der „Falstaff“
- aber diese Lautstärke bräuchte es bestimmt nicht... Chantal Steiner
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