Diese
schon leicht antiquierte Produktion von Grischa ASAGAROFF stammt aus dem
Jahre 1997. Es ist eine sehr konventionelle Inszenierung, in einem üppigen,
„zeitgerechten“ Bühnenbild (das allerdings 2 Umbaupausen und 2 Pausen
bedingt, so dass die Aufführung gute 3 ¼ Stunden dauert), ein „Historienschinken“
ohne Deutung, ein Augenschmaus, der das Interesse auf die sängerische
Leistung kanalisiert.
Im
Vergleich zur Wiederaufnahme vom 26. Dezember war die Vorstellung vom
2. Januar um einiges besser, wenn auch noch nicht optimal. Dafür gab es
zu viele Wackler zwischen Bühne und Orchester. Nello SANTI dirigierte
zwar wie üblich routiniert. Ich kann jedoch darüber nicht in Begeisterungsstürme
ausbrechen wie ein großer Teil des Publikums, denn für mein Empfinden
ist das Dirigat zu „schwer“, an gewissen Stellen zu zäh, und ich vermisse
bisweilen die Spannungsbögen. Ich ziehe z.B. Richard Bonynges Deutung
auf seiner „Ernani“-Aufnahme (Decca) bei weitem vor.
Es
ist zwar bekannt, daß Neil SHICOFF seine eigenen Tempi hat, da kann der
beste Dirigent manchmal ins Rudern kommen; doch die Ungenauigkeiten fanden
auch beim Chor, mit Renato BRUSON und auch mit Roberto SCANDIUZZI statt,
so daß kaum die „Schuld“ alleine bei der Bühne zu suchen ist.
Renato
Brusons gesangliche Leistung hatte mich am 26.12. zwar beeindruckt, aber
doch ziemlich erschüttert, was den Zustand seiner Stimme betraf. Sie war
fahl, ein starkes Altersvibrato machte sich bemerkbar, und die Höhen waren
auch ziemlich brüchig, kein Vergleich mit seinem letzten Simone Boccanegra
hier in Zürich vor einiger Zeit. Trotzdem begeisterte mich die Stimmkultur,
die Phrasierung nach wie vor. Am 2.1. war von diesen Mängeln nicht mehr
viel zu hören. Er forcierte nicht mehr (mit dem Wissen, daß er ab und
zu vom Orchester übertönt würde), so daß das Vibrato im Zaume gehalten
werden und die Stimme strömen konnte. Gleichwohl ist die Rolle des Don
Carlo wohl doch eine, die er ablegen sollte. Wenn der alte Silva auf der
Bühne der jüngste ist (optisch und von der Stimmfrische her), kann etwas
nicht mehr stimmen…
Neil
Shicoff, ein Sängerdarsteller, den ich z.B. in der „Juive“, in „Billy
Budd“, als Peter Grimes (um nur einige Rollen zu nennen) überaus schätze,
machte wieder einmal nur seine stereotypen Schritte auf der Bühne und
operntypische Bewegungen. Auch wenn ab und zu stimmlich der „alte“ Shicoff
aufblitzte: Die Stimme ist für diese Art von Rollen zu schwer geworden,
der Glanz geht verloren. Einzig die Sterbeszene gestaltete er grandios,
bewegend und berührend.
Joanna
KOZLOWSKA gestaltete am 2. Januar die Rolle der Elvira sehr viel differenzierter
als am 26. Dezember, doch wirkt sie für mich nach wie vor zu kühl. Stimmlich
vermag sie die Partie ohne Schwierigkeiten zu bewältigen, das Dramatische
liegt ihr allerdings besser als das Lyrische.
Glanzpunkt
der Vorstellung war Roberto Scandiuzzi als Silva, der eine wunderschöne,
berührende Arie sang und auch in der Cabaletta keine Höhenprobleme kannte.
Auch wenn er nicht unbedingt ein Sängerdarsteller ist, vermochte er doch
der Rolle gerecht zu werden und dem unerbittlich auf Ehre pochenden spanischen
Granden Konturen zu geben.
Alles
in allem – trotz der Vorbehalte – eine gute Vorführung, die hoffen lässt,
dass die nächsten Vorstellungen sich noch steigern lassen. Chantal Steiner
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