Das
Musical "Elisabeth" (Text: Michael Kunze, Musik: Sylvester Levay) wurde
am 6. September 1992 in Wien uraufgeführt. Mit Unterbrechungen lief es
bis 1998 am Theater an der Wien, und in einer leicht veränderten Fassung
zwischen 2003 und 2005, während gleichzeitig teilweise veränderte und
übersetzte Versionen in Deutschland, Holland, Ungarn, Skandinavien und
sogar Japan gespielt wurden. Beinahe auf den Tag genau zwanzig Jahre nach
der Uraufführung hatte das Musical nun in einer überarbeiteten Fassung
wieder in Wien Premiere - diesmal allerdings am Raimundtheater, da das
Theater an der Wien inzwischen zum dritten Opernhaus der Stadt (neben
Staatsoper und Volksoper) umgewidmet wurde.
Die
meisten Änderungen folgen zwei bestimmten Linien: Einerseits ist nun ein
zentraler Inhalt der stärker herausgearbeitete Konflikt zwischen Elisabeth
und der Mutter des Kaisers, Erzherzogin Sophie (sowohl gesanglich als
auch darstellerisch gut gespielt von Daniela ZIEGLER), der sich konsequent
durch das ganze Stück zieht (im Vergleich zur Urfassung, in der im zweiten
Akt nur mehr wenig davon zu sehen war). Andererseits waren die Autoren
bemüht um eine bessere Verständlichkeit für ein Publikum ohne historische
Vorbildung; erklärende Zwischentexte wurden eingefügt, aber auch ganze
Szenen, die zeigen, worauf ursprünglich nur vage Bezug genommen wurde.
Davon
profitiert vor allem die Rolle des Kronprinzen Rudolf (als Kind: Aeneas
HOLLWEG, als Erwachsener: Anton ZETTERHOLM - beide stimmlich gut besetzt,
wenn das Kind auch leider hölzern agiert), die auf diese Weise deutlich
ausgebaut wurde. Zudem wird die erste Begegnung zwischen Elisabeth und
dem Tod nun zu einer eigenen Szene (ursprünglich eingefügt für die niederländische
Fassung), um den Handlungsstrang zwischen diesen beiden Hauptpersonen
besser abzurunden. Dadurch ergeben sich zwei nunmehr klarer umrissene
Haupthandlungen, nämlich Elisabeths Beziehung zu ihrem Mann, Kaiser Franz
Joseph, überschattet vom Konflikt mit Sophie, auf der einen Seite, und
auf der anderen Elisabeths persönliche Entwicklung, gezeigt in ihrer Beziehung
zum Tod.
Auch
Regie und vor allem Bühnenbild sind diesen Veränderungen angepaßt. Die
präzise, intelligente Personenführung von Harry KUPFER ist auf gewohnt
hohem Niveau, wenn auch die Massenszenen, sonst seine ganz besondere Stärke,
hier (wie für Musicals üblich) choreographiert sind. Spektakulär sind
die Änderungen des Bühnenbilds von Hans SCHAVERNOCH. Wie bei vielen seiner
letzten Arbeiten, nützt er Videoprojektionen für einen stimmungsvollen
Hintergrund, wo das Bühnenbild davor unbewegt war. Speziell erwähnenswert
sind hier das Riesenrad während "Nichts ist schwer" (nun entsteht wirklich
der Eindruck, daß es sich dreht, und das junge Kaiserpaar hoch über dem
Boden schwebt) und der Blick aufs Meer bei "Boote in der Nacht", wo während
der Szene langsam die Dunkelheit hereinbricht. Die Kostüme von Yan TAX
(als einziger neu im Team) sind ähnlich wie zuvor, aber schlichter gestaltet.
Ein
Teil der Besetzung wurde von der letzten deutschen Produktion übernommen,
so etwa die beiden Hauptfiguren, Elisabeth und der Tod. Annemieke VAN
DAM als Elisabeth überzeugt zwar durch ihre Erscheinung, doch leider nicht
durch ihre Stimme; in den Höhen neigt sie entweder zum Piepsen oder zum
Kreischen. Schauspielerisch begann sie eher affektiert, besserte sich
dann aber im Laufe der Vorstellung zusehends. Besser war Mark SEIBERT
als Tod; im Gegensatz zu anderen orientierte er sich bei der Darstellung
der Figur nicht einfach an einem Vorgänger, sondern suchte seinen eigenen
Weg, auch gesanglich. Passend dazu geht die Regie ab von der bisherigen
eher androgynen Darstellung. Seibert spielt einen maskulineren Tod, als
man ihn zuvor in Wien gesehen hat; gleichzeitig wagt man aber auch leicht
homoerotische Untertöne in der Beziehung zu Rudolf. Ebenfalls gut gewählt
war Franziskus HARTENSTEIN als Franz Joseph, dessen tieferes Timbre vor
allem zum älteren Kaiser passte. Eher enttäuschend hingegen Kurosch ABBASI
als Lucheni, der seine Vorgänger imitierte, ohne dabei das Niveau eines
Ethan Freeman (Urbesetzung) zu erreichen.
Insgesamt
ist der Neustart des Musicals gelungen, die Überarbeitung ist sinnvoll
und durchdacht. Weil nur eine einzige Szene auf Kosten der neuen gestrichen
wurde, ist die Produktion jetzt insgesamt länger. Wenn auch der Fokus
ganz zu Beginn des zweiten Aktes fast zu sehr auf Elisabeths persönlicher
Entwicklung liegt, und der neue Text der zweiten Strophe von "Ich will
dir nur sagen" etwas holprig ist, die neue Fassung übertrifft eindeutig
die alte. Und die enorme Nachfrage nach Karten (bis Jahresende fast ausverkauft)
bestätigt das. LR
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