Die
Inszenierung von Keith WARNER (aus 2006) fand eine Wiederbelebung mit
weitgehend neuer Besetzung. Das Theater an der Wien ist zwar ein sehr
schönes Haus, aber denkbar unbequem. Leistet man sich nicht den Luxus
einer Karte in der ersten/zweiten Kategorie, hat man nicht viel Freude.
Das ist der Grund warum das Theater an der Wien nicht oft auf meiner Liste
steht. Aber Erwin SCHROTT war dann doch zu sehr verlockend. Und es hat
sich gelohnt, trotz verschiedenen Unbill, der aber nicht im Zusammenhang
mit der Aufführung stand.
Ich
habe leider keinen besonderen Zugang zu Inszenierung/Regie, wie dies von
Keith Warner präsentiert wurde. Wenn auch die Grundidee, die Oper in einem
Hotel spielen zu lassen, nicht schlecht ist, so ist aber die Entwicklung
zu sehr auf Dynamik ausgelegt, jede Szene wird mit viel Beiwerk aufgemotzt,
das geht zu Lasten der Gestalten und Gestaltung, und weiter zu Lasten
der Musik und des Gesanges.
Es
wäre sehr langwierig, auf Details, vielleicht 1003, einzugehen. Mag sein,
daß dies eine Inszenierung für Teenager oder Twens ist, für die Generation
50+ mit Opernvergangenheit hat sie weder Reiz noch Flair. Glücklicherweise
habe ich mir schon lange abgewöhnt, den Inszenierungen viel Bedeutung
beizumessen. Das A und O sind die Sänger, das Orchester, der Dirigent.
Wenn da eine gute Harmonie vorherrscht, dann ist der Abend gerettet.
Don
Giovanni und Leporello waren die eindeutigen Träger des Abends. Erwin
Schrott ist aufgrund seiner positiven Optik sehr im Vorteil, aber doch
wesentlich wichtiger und interessanter ist seine kraftvoll strömende Stimme,
die er immer optimal einsetzt. In einer anderen Inszenierung könnte er
sicher ein ganz toller Don sein, hier war er nur toll. An seiner Seite
Hanno MÜLLER BRACHMANN als Leporello, sehr überzeugend und auch sicher,
denn er hatte ja schon 2006 den Diener Giovannis gegeben. Ein harmonisches
Paar.
Bei
den weiteren Rollen ist für mich Veronique GENS als Donna Elvira von besonderer
Qualität gewesen, temperamentvoll, aber nie übertrieben schrill und sehr
gut in der Phrasierung. Die anderen Partien waren nicht so optimal besetzt.
Don Ottavio von Bernard RICHTER war blaß in der Darstellung und stimmlich
auch nicht besonders strahlend. Seine Donna Anna Alexsandra KURZAK war
sehr bemüht, aber zum richtigen Ausdruck konnte sie nicht kommen.
Die
schwächste Paarung waren Masetto und Zerlina. Nina BERSTEINER war, was
angesichts des sehr blassen Masetto Markus BUTTER kaum verwunderlich,
ganz offensichtlich dem schönen Don Giovanni zugetan, und nur die Rollenvorgabe
verhinderte, daß sie bei ihm blieb. Die gesangliche Leistung von Nina
Bernsteiner war sehr uneben und störend wirkte auch das leichte Näseln.
Dirigat
von Riccardo FRIZZA war solide, angesichts des kurzfristigen Einstiegs
in diese Produktion wäre alles andere eine Sensation gewesen. Das Radio
Symphonieorchester ist ein gutes Orchester, aber ein so kurzfristiger
Dirigentenwechsel konnte natürlich keinen Höhenflug bringen.
Dank
der sehr guten Paarung Erwin Schrott und Hanno Müller-Brachmann war es
ein höchst interessanter Abend, der in Erinnerung bleiben wird. Es wirft
allerdings eine Frage auf, in welcher Rolle ist Erwin Schrott besser,
als Don oder Leporello? Wird man wohl nie wirklich feststellen können,
es sei denn er sänge in der gleichen Inszenierung an zwei aufeinander
folgenden Tagen einmal Don Giovanni und dann Leporello, und man könnte
so einem Vergleich auch beiwohnen.
Für
den "festspiellastigen" Sommer eine durchaus interessante Anwechslung.
EH
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