Die
erste Premiere der Saison 2008/2009 (am 11. Oktober 2008) war ein Flop.
Weniger wegen des künstlerischen Einsatzes, sondern leider wegen des Problems
"Inszenierung". Üblicherweise muß man mehr optische Reize über sich ergehen
lassen, als man verkraften kann, dieses Mal fand überhaupt nichts statt.
Es war eine Art konzertante Aufführung in Kostüm, aber mehr nicht. Von
Personenführung war nichts zu merken, das Bühnenbild bestand aus Glaswänden
in Metallrahmen, die dann und wann verschoben wurden, mal zu viel Weite
boten, dann wieder zu sehr einengten.
Dies
alles war allerdings aufgrund von einer Verkettung wirklich unglücklicher
Umstände entstanden. Der Bühnenbildner verstarb, der Regisseur Nicolas
Joel hatte noch vor Probenbeginn einen Schlaganfall. Aus dieser Situation
heraus eine interessante, brauchbare Produktion zu schaffen… eigentlich
unmöglich oder ein Wunder, und die gibt es nicht. So gesehen mußte man
den beiden Einspringern Stephane ROCHE (Regie) und Kristina SIEGEL (Bühnenbild)
sogar ein Quentchen Achtung zollen und von einer negativen Bewertung Abstand
nehmen.
Musikalisch
war der Abend recht ordentlich, was mir eigentlich zu wenig war. Das ORCHESTER
unter Bertrand de BILLY musizierte vorzüglich, bei solcher Harmonie im
Orchestergraben kommt Freude auf und beweist, was in diesem Orchester
alles steckt, und was von einem Dirigenten geweckt werden kann. Es wurde
ein Klangteppich ausgebreitet, auf dem die Sänger wahrlich schweben konnten.
Roberto
ALAGNA als Faust gelang dies. Er hat den perfekten Stil für Faust gefunden
und unbestritten der Vorteil der Sprachdeutlichkeit. Da kann man dann
schon ein Ohr zudrücken, wenn es mit den Höhen nicht ganz so perfekt klappt.
Und daß er mit seiner Ehefrau Angela GHEORGHIU eine Partnerschaft hatte,
die harmonischer nicht sein konnte, war natürlich ein Idealfall. Allerdings
auch hier war die Tonqualität nicht immer on Top. Vielfach hielt sie sich
zu sehr zurück, erst im Finale blühte sie voll auf.
Eine
durchaus sehr gute Leistung bot der österreichische Bariton Adrian ERÖD
als Valentin. Ein sehr schön gesungenes Gebet brachte ihm verdientermaßen
den stärksten Szenenapplaus. Aber wo bleibt Mephisto? Eigentlich auf der
Strecke. Kwangchul YOUN singt sehr elegant, zu elegant für einen Teufel;
Dämonie gab es stimmlich keine, und auch in der Darstellung war ihm alles
Teuflische fremd. Vermutlich war das aber durch die fehlende Regiearbeit
bedingt.
Michaela
SELINGER als Siebel war für mich eine Enttäuschung, der Mezzo ist zu unflexibel,
und daher blieb die schöne Arie ohne Eindruck. Janina BAECHLE war eine
solide, keine raffinierte Marthe Schwerdtlein.
Das
Ehepaar Gheorghiu/Alagna wurde beim Schlußapplaus naturgemäß stark bejubelt,
aber Bertrand de Billy und Adrian Eröd wurden verdient gleichermaßen gefeiert.
Auch wenn es musikalisch ein ziemlich positiver Abend war, blieb doch
die große Freude an der neuen Aufnahme dieses Werkes aus. EH
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