Es
gibt einige wenige Inszenierungen, die findet man wirklich gut, viele,
die man als halbwegs gut einstuft, viele als eher schlecht, und wiederum
einige wenige, die man als glatte Katastrophe empfindet. Dem Wiener "Lohengrin"
unter der Regie von Barrie KOSKY kommt letztere höchst zweifelhafte Ehre
zu.
Ein
seltsames und in sich nicht schlüssiges Konzept, in dem der Schwan durch
eine gelbe Kette ersetzt wird (Bühnenbild: Klaus GRÜNBERG), die über den
Köpfen der Darsteller hängt, wo Elsa teilweise mit einem Blindenstab über
die Bühne irrt, wo im Hochzeitszug Figuren mit Vogelköpfen marschieren,
wo das Ensemble die meiste Zeit damit verbringt, nichts zu tun, als auf
Stühlen zu sitzen, die aufgereiht sind wie in einem Zuschauerraum, und
die einzige Bewegung auf der Bühne besteht dann darin, daß jemand der
Hauptfiguren aufsteht und sich woanders hinsetzt, aber über lange Strecken
rühren sie sich so wenig wie der grellgelbe Plastikhase, der oftmals auf
der Bühne sitzt und doch keine Funktion zu haben scheint.
Diese
höchst eigenartigen Ideen (um das einmal gelinde auszudrücken) bleiben
komplett unverständlich. Höchstens gewinnt man den Eindruck, daß es sich
hier wieder einmal um einen Regisseur handelt, der aus Mangel an wirklicher
Originalität den ersten Unsinn auf die Bühne bringt, der ihm einfällt,
nur um irgendwie in der Erinnerung des Publikums zu bleiben. Daß es eine
positive Erinnerung sein kann, möchte ich stark bezweifeln.
Wer
mir hingegen ganz eindeutig positiv in Erinnerung geblieben ist, ist Klaus
Florian VOGT in der Rolle des Lohengrin. Sein sanftes, hohes Timbre erlaubt
es ihm, die Höhen der Rolle mühelos zu bewältigen, aber gleichzeitig ist
seine Stimme doch auch kräftig genug für eine Wagner-Partie. Am Anfang
agierte er etwas hölzern, was aber wohl eher mit der praktisch nicht existenten
Personenführung zusammenhing, da er aus dem langen Dialog mit Elsa nach
der Hochzeit, den er laut Regieanweisung die meiste Zeit auf einem Stuhl
sitzend vor dem geschlossenen Vorhang verbringen musste, darstellerisch
doch einiges herausholen konnte.
Angela
DENOKE als Elsa enttäuschte zunächst durch einen seltsam grellen Klang,
fand dann aber im zweiten Akt zu ihrer gewohnt guten Form zurück. Nur
bedauerlich, daß diese Regie sie zu so einer albernen Gestalt verkommen
ließ - ich habe sie schon öfters als begabte Darstellerin erlebt.
An
diesem Abend gab John WEGNER als Telramund sein Staatsoperndebüt, was
er allerdings besser nicht getan hätte. Sein Gesang war über weite Strecken
grob und unkultiviert, und aus dem intriganten Grafen wurde ein rüpelhafter
Bauer. Auch Janina BAECHLE, die ich auch schon besser erlebt habe, war
keine sonderlich gute Ortrud, weder stimmlich noch von der Figur her,
die sie auf der Bühne bot, was sicherlich auch mit ihrer Ausstaffierung
zusammenhing, für die sie einfach viel zu füllig war (Kostüme: Alfred
MAYERHOFER; die üblichen einfallslosen Anzüge oder grauen Fetzen).
Als
König Heinrich sah man Kwangchul YOUN, der seine Sache recht ordentlich
machte, allerdings manchmal etwas zu sehr tremolierte. Von der Stimme
her besser war Markus EICHE als Heerrufer, nur schade, daß man ihm nur
eine so kleine Rolle gegeben hatte, die er die meiste Zeit still wie eine
Statue vorne rechts auf der Bühne sitzend "spielte".
Das
ORCHESTER unter der Leitung von Peter SCHNEIDER kannte nur zwei verschiedene
Lautstärken: mit und ohne Blechbläser. Aus der wunderschönen, sanft und
leise beginnenden Ouvertüre wurde ein gefühlloser Einheitsbrei, und das
besserte sich auch im Laufe der Aufführung nicht. Meine eigene Orchestererfahrung
beschränkt sich zwar auf Auftritte mit verschiedenen Jugend- und Amateurformationen,
aber kein einziger der Dirigenten, die ich dabei erlebt hatte, hätte sich
einen solch mangelnden Einsatz bieten lassen. Vielleicht sollten sich
die Herren Philharmoniker nicht einfach nur in ihrem Ruhm sonnen, sondern
auch aktiv etwas dafür tun, dass dieser erhalten bleibt.
Gut
und differenziert sang hingegen der CHOR (Einstudierung: Thomas LANG),
zusammen mit Vogt und (wenigstens die meiste Zeit über) Denoke einer der
wenigen Lichtblicke des Abends. Robin A. Röthlisberger
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