Die
Volksoper hat es sich zur Aufgabe gemacht, wie das auch früher üblich
war, auch große Opernliteratur auf Deutsch zu bringen. Nun, ich stehe
diesem Trend gespalten gegenüber. Es wäre zwar grundsätzlich für Neueinsteiger
zu begrüßen, daß vom Text etwas verstanden werden kann, aber das Problem
liegt darin, daß den meisten Sängern eine entsprechende Wortdeutlichkeit
fehlt. Dies wiederum ist dadurch bedingt, daß nur wenige Sänger Deutsch
als Muttersprache haben. Schlechte Diktion bei einer Übersetzung geht
immer zu Lasten der musikalischen Interpretation.
Die
Volksopern-Aufführung war in dieser Hinsicht "durchwachsen", wodurch man
wieder nicht eindeutig Pro oder Kontra Stellung beziehen kann. Eines war
bei dieser Neuinszenierung jedoch klar, weniger wäre durchaus mehr gewesen.
Die
Inszenierung von Josef Ernst KÖPPLINGER war in die zwanziger Jahre in
die Franco Ära versetzt, ließ aber mit Ausnahme des Porträts des Generalissimo,
jede weitere politische Anspielung aus. Was sich jedoch als störend erwies,
war daß ständig Nebenfiguren durch ihre Aktionen von den echten Akteuren
und Sängern ablenkten. Es gab auf der Straße vor Bartolos Haus einen Trupp
Bauarbeiter, viele Passanten und an der nächsten Ecke ein Bordell, das
die Haushälterin Berta mit betreibt. Das Bühnenbild auf der Drehbühne
war im Hausinneren durch zwei Wendeltreppen beherrscht und dadurch auch
für viel Bewegung verantwortlich.
Durch
diese vielen Aktivitäten wurden die Sänger und Hauptakteure zu Nebenfiguren
und hatten eigentlich wenige Möglichkeiten sich zu entfalten. Oft kam
es über einen kleinen Ansatz der Selbstgestaltung nicht hinaus. Mit Daniela
FALLY als Rosina hatte man auf der ganzen Linie einen Volltreffer gelandet.
Ihr Gesang war stets mühelos und sehr frisch, im Spiel frech, kokett,
aber nie unnatürlich. Eine wirklich runde Leistung. Auch wenn der sehr
junge Daniel SCHMUTZHARD als Figaro sehr bemüht war, er ist der Rolle
einiges schuldig geblieben. Sein heller Bariton ist nicht frei von kleinen
Schwächen in den Höhen, und bei den vielen Komparsen war selbst für einen
umtriebigen Figaro, wenig Profilierungsmöglichkeit. Allerdings ist er
relativ kurzfristig für den erkrankten Miljenko Turk eingesprungen.
Für
Graf Almaviva war Ferdinand von BOTHMER zuständig; trotz schönem Stimmaterial
keine Idealbesetzung, und obwohl die beiden Ständchen an Rosina in Italienisch
gesungen wurden, die Höhen problemlos kamen, war der Klang doch nicht
so richtig italienisch. Ein sympathischer Eroberer seiner Rosina war er
aber dennoch. Die beiden Bässe Lars WOLDT (Bartolo) und Sorin COLIBAN
(Basilio) brillierten mit Komödiantik, waren stimmlich sehr präsent und
konnten auch mit dem deutschen Text gut umgehen.
Das
ORCHESTER leitete Karel Mark CHICHON. Die Ouvertüre war spritzig, das
Orchester ließ sich sehr gut führen, allerdings fiel das Gewitter für
mich mehr schwerfällig als bedrohlich aus. Man kann in Zukunft sicher
einiges von diesem jungen Dirigenten erwarten. Sein Umgang mit den Sängern
war sehr behutsam, was sicher auch daher kommt, daß er mit einer Sängerin,
Elina Garanca, verheiratet ist, die ebenso im Publikum saß, wie ihre Kollegin
Anna Netrebko.
Der
Abend war insgesamt als ordentlich zu bezeichnen, und das Publikum hat
die Sänger sehr gefeiert EH
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