Volksopernpremiere
No. 3
"Hoffmanns
Erzählungen" in deutscher Sprache: Und was erzählt uns dieser Hoffmann?
Wenig.
Gleich
vorweg, die Akzeptanz dieser Aufführung war höchst bescheiden, und die
Glücksträhne der Volksoper scheint somit bereits unterbrochen. Die Gründe
dafür sind vielschichtig.
Zum
einen ist eine Kurzfassung aus dem Jahr 1907 von Peer BOYSEN inszeniert
worden, die Nichtkennern des Werkes das Werk nicht näher bringt, und bei
der die Schlußerzählung, die die Fäden zusammenfügt, auch fehlte. Hoffmann
selbst ist zwar von Anfang bis zum Ende ständig auf der Bühne, aber trotzdem
nur wenig präsent, fast hat man das Gefühl, er ist nicht an der Handlung
beteiligt, sondern Zuschauer auf einer Galerie. Außerdem konnte man mit
den verschiedenen Kostümen auch nur wenig anfangen. Was soll ein Hoffmann
darstellen, der in jeder "Situation" in einer roten Latzhose auftritt?
Und das ist nicht das einzige geschmacklose Kostüm. Vieles ist grell,
aber an Farbe gewinnt die Aufführung darob nicht.
Das
Bühnenbild ist teilweise recht gelungen bzw. originell. Die Idee, im Zentrum
einen überdimensionalen Zylinder zu plazieren, um daraus nach und nach
die drei Frauengeschichten zu zaubern, ist recht gut, auch die Künstlergarderoben
mit den beleuchteten Spiegeln, an denen sich die Figuren auf den Auftritt
vorbereiten, sind nicht schlecht. Aber irgendwie wirkten die Szenen nicht
schlüssig, sondern aufgesetzt und ohne Leben.
Hoffmann
träumte ständig vor sich hin, ist statisch und das Publikum sollte sich
offenbar selbst Hoffmann gestalten. Es wäre tatsächlich besser gewesen,
man hätte die Augen geschlossen, dem Gesang gelauscht, der teilweise ganz
ordentlich war, und der eigenen Phantasie freien Lauf gelassen.
Mit
Sergej KHONOV als Hoffmann hatte man aber auch keinen Tenor gefunden,
der diese Inszenierung retten hätte können. Sein Tenor ist gepreßt, singt
die Klein-Zack-Arie mehr als beiläufig, schafft es aber dann irgendwie
im Venedig-Akt, fast zu glänzen. Leider kommt auch noch hinzu, daß seine
Textundeutlichkeit auch noch ein Manko darstellt.
Obwohl
nicht ganz in Topverfassung bot Daniela FALLY als Olympia die beste Leistung
des Abends. Sie ist hier wirklich eine Puppe, starr, kann die Koloraturen
perlen lassen und hat zu Hoffmann keinerlei Kontakt, weshalb es mehr als
unwahrscheinlich erscheint, daß er sich verliebt. Kristiane KAISER als
Antonia überzeugt zwar technisch, die Rollengestaltung war aber nicht
sehr ausgereift. Adrineh SIMONIAN als Giulietta und Eva Maria RIEDL Muse/Niklause
boten beide solide Leistungen.
Die
Bösewichter wurden von Jochen SCHMECKENBACHER interpretiert und gesungen.
Nur leider gab es für eine Gestaltung sehr wenig Möglichkeit, es lief
zu rasch ab. Gesanglich bot der Sänger eine gute Leistung, allerdings
ist seine Stimme nicht so rabenschwarz, wie man sich das gerne wünschen
würde. Die so genannte Spiegelarie war technisch perfekt, aber der "schwarze"
Hintergrund fehlte.
Die
kleinen Rollen wie Nathaniel (Wolfgang GRATSCHMEIER), Stimme der Mutter
(Jelena BODRAZIC) und Crespel (Einar SIGMUNGSON) waren durchwegs mit Dynamik
und Freude bei der Sache und verdienen Lob.
Das
Dirigat von Leopold HAGER hat nicht ganz den Erwartungen entsprochen.
Sonst als guter Leiter für den Graben und Harmonieträger zur Bühne bekannt,
konnte er diesmal Wackelkontakte nicht vermeiden, und es kam auch kein
besonderer Klang von den Instrumenten.
Obwohl
in deutscher Sprache aufgeführt, könnte man nicht wirklich behaupten,
daß man das Stück leichter verstehen konnte, dazu gab es zu viele Ablenkungsmanöver
von Seiten der Regie, und somit war es auch verständlich, daß sich ein
gewissen Unmut auf den Regisseur entladen hatte. Die Sänger wurden zurückhaltend
gefeiert. Keine echte Premierenstimmung, eher eine Verstimmung, da man
einen verzerrten Hoffmann zu sehen bekommen hatte. EH
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