Richard
Strauss' dreiaktige Komödie in der Inszenierung von Otto SCHENK und mit
der Ausstattung von Rudolf HEINRICH gehört zu den Klassikern des Wiener
Staatsopernrepetoires. Über Jahre hinweg gespielt mit ständig wechselnder
Besetzung, erfreut sich das wohl bekannteste Werk des Komponisten großer
Beliebtheit.
Das
Außergewöhnliche in dieser Saison ist die durchaus als hochkarätig zu
bezeichnende Besetzung der drei großen Frauenrollen. Zunächst einmal wäre
Elina GARANCA in der Rolle des jungen Grafen Octavian zu nennen. Gesanglich
ohnehin über jede Kritik erhaben, bot sie auch eine gute schauspielerische
Leistung, zuweilen ernsthaft, zuweilen gelungen komödiantisch (wie insbesondere
im dritten Akt in der Verkleidung als Dienstmädchen). Man nahm ihr den
siebzehnjährigen Jungen durchaus ab, was bei Hosenrollen ja keine Selbstverständlichkeit
ist; viele Sängerinnen wirken entweder sehr wenig in der Rolle oder geben
sich so übertrieben "männlich", daß es albern ist, nicht so aber Garanca.
Sie spielte mit Natürlichkeit und Einfühlsamkeit die Figur, wie man es
nicht allzu oft sieht. Einzig mit dem österreichischen Idiom des Textes
schien sie sich etwas schwer zu tun, was man ihr aber nicht übel nehmen
kann.
Ebenso
erfreulich war Soile ISOKOSKI als Feldmarschallin anzuhören und anzusehen,
mit angenehmer, weicher Stimme und einer Bühnenpräsenz, die eine gewisse
Würde ausstrahlte. Sie verstand es, die nachdenklichen, besinnlichen,
zuweilen tragischen Aspekte der Rolle herauszustreichen, des adeligen
Mädchens, das vor Jahren gegen seinen Willen mit einem viel älteren Fürsten
verheiratet und so praktisch um seine Jugend gebracht wurde, und nun obendrein
befürchten muß, den jungen Liebhaber zu verlieren - verständlich, daß
sie Sophie ein ähnliches Schicksal ersparen will, und gleichzeitig tritt
ihr Großmut deutlich hervor, der sie schließlich veranlaßt, auf Octavian
zu verzichten.
In
der Rolle der Sophie Faninal schließlich bestach Malin HARTELIUS durch
Charme und präzise, klare Artikulation. Darstellerisch blieb sie neben
den anderen beiden fast ein wenig blaß, konnte aber dafür durch schöne,
glasklare Höhen überzeugen.
Ausgesprochen
komisch war Octavians Widersacher, Baron Ochs auf Lerchenau; Kurt RYDL
traf die Mischung aus Impertinenz, Arroganz und Dummheit, die diesen Charakter
auszeichnet, sehr gut. Er bot eine beachtliche Leistung, einzig in den
Tiefen kratzte seine Stimme manchmal zu sehr. Auch Peter WEBER (Faninal)
und Simina IVAN (Jungfer Leitmetzerin) boten eine gute Leistung.
Ebenso
waren die kleineren Rollen im großen und ganzen ordentlich besetzt. Lobend
erwähnen möchte ich hier besonders Benedikt KOBEL und Janina BAECHLE als
Intrigantenpaar Valzacchi und Annina, die ihre Rollen auf sehr amüsante
Art spielten und dabei auch gut sangen. Witzig war auch Alfred SRAMEK
als Notar; seine Reaktionen auf die juristisch völlig blödsinnigen Forderungen
des Barons Ochs waren komödiantisch geglückt. Wirklich enttäuscht hat
mich einzig der italienische Sänger (Ho-yoon CHUNG), der die Höhen mehr
plärrte als sang und insgesamt eher gepreßt klang.
Das
ORCHESTER der Wiener Staatsoper spielte unter der Leitung von Peter SCHNEIDER,
der von meiner Mutter ganz zurecht als "Gebrauchsdirigent" apostrophiert
wird. Immer wieder, zunehmend gegen Ende des dritten Aktes, aber auch
schon vorher, schienen die Musiker seiner Kontrolle völlig zu entgleiten
und spielten so laut, daß sie die Sänger komplett zudeckten, und das passierte
nicht nur bei einzelnen Solisten, sondern zuweilen auch beim gesamten
Chor (Leitung: Janko KASTELIC). Dies war bedauerlich, aber glücklicherweise
einer von wenigen negativen Aspekten, die den Abend insgesamt doch nicht
allzu sehr zu trüben vermochten.
Robin A. Röthlisberger
|