Ein
leises Aufatmen war schon zu hören, als sich der Vorhang zum Gastspiel
des Petersburger MARIINSKY THEATERs hob. Denn da gab es beige Wände, hinten
durchbrochen von einem Blick in den Wald mit den obligaten Birken und
mächtigen Stämmen (Bühne: Christian FENOUILLAT). Und vorn die Larina in
ein schlichtes aber edles Kleid (Kostüme: Agostino CAVALCA) gehüllt in
einem eleganten Ohrensessel. Neben ihr auf einem niedrigen Holzschemel
die Äpfel-schälende Filipjewna, immer beschäftigt, nie ausruhend. Hier
also sah man Puschkin und Tschaikowsky ohne Zutaten, ohne die Kittelschürze,
die die Larina nie getragen hätte, ohne eine Zeitverschiebung mit all
der Sozialkritik, wie z. B. heuer in Salzburg, die in dieser Oper einfach
nicht vorkommt.
Hier,
auf der kleinen Bühne der Theaters an der Wien konnte sich das Kammerspiel
entfalten, mit all den fein verwobenen Verbindungen, die so berühren.
Wenn eben gleich zu Beginn die beiden so verschiedenen Frauen ein Loblied
auf die Gewöhnung singen, die Onegin später als den Tod der Liebe verteufelt
und in der er wiederum später vielleicht doch sein Heil erhofft. Dies
alles war subtil gezeichnet von den Regisseuren Moshe LEISER und Patrice
CAURIER.
Und
so ging der Abend weiter über eine emotionale Briefschreibeszene mit einer
mädchenhaften Irina MATAEVA als Tatjana und der sehr menschlichen Filipjewna
von Jelena WITMAN, dem emotionslos gelangweilten Jewgeni NIKITIN als Onegin
oder dem Franz-Schubert-Double Lensky, ein eindrucksvoller Evgeny AKIMOV,
der besonders in seiner "Kuda, kuda" Arie punkten konnte. Mikhaïl KITs
Gremin zeigte sich sichtlich bewegt, nur seine Stimme ist mittlerweile
die des alten Kämpfers und Ekaterina SEMENTCHUK gab eine fröhlich strahlende
Olga. Überall bestechen die Details, nur in der Schlußszene wirken Tatjana
und Onegin seltsam indifferent, beide beinahe kalt.
Valery
GERGIEV zeigte sich als einfühlsamer Begleiter und großer Gestalter, an
dessen Schnaufen man sich mittlerweile gewöhnt hat, der aber immer häufiger,
hier bei der Polonaise, lautstark mitsummt/singt. Das ORCHESTER DES MARIINSKY
THEATERS folgte ihm blind, kleine Unstimmigkeiten gab es nur beim CHOR.
Nach
(und vor) all den politischen Onegin-Deutungen eine Wohltat für Aug und
Ohr. Kerstin Schröder
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