Premiere
Nummer zwei an der Wiener Volksoper:
Zwei
Mal in Folge bei einer guten Premiere dabei zu sein, grenzt schon fast
an ein Wunder. Doch es war so.
"Tiefland"
hat mich und das restliche Publikum begeistert. Es war sogar so, daß ältere,
sehr seriöse Herren nach den ohnedies schon starken Ovationen dann noch
Bravorufe in den Saal schickten.
Ich
selbst bin ja mit einiger Skepsis in die Vorstellung gegangen, denn meine
Erinnerungen an "Tiefland" waren nicht berauschend. Als ich mit dem Werk
in meiner Schulzeit im Rahmen eines "Jugendabonnements" beglückt worden
bin, hatte ich keinen Zugang gefunden, und so hatte ich eher eine Aversion
gegen das Werk. Aber man muß sich überwinden können, was ich tat, und
es war gut so.
Wie
sehr oft richtig, wurden Regisseur, Bühnenbildner und Kostümdesigner negativ
beschallt, auch diesmal gab es wieder Buhrufe für das Trio, wobei man
das schon etwas differenzieren müßte. Der Regisseur Anselm WEBER ist solide
vorgegangen und hat die Sänger gut geführt; wenn Buhrufe angemessen gewesen
wären, dann am ehesten für das Bühnenbild von Hermann FEUCHTNER, der die
Berge nicht zuläßt, und den Rest in einer Fabrikhalle ansiedelt. Das erscheint
mir doch sehr einfallslos und ist für die Darsteller auch nicht unbedingt
angenehm oder förderlich.
Ähnlich
ist das bei den Kostümen von Bettina WALTERS, ich verstehe noch immer
nicht, wieso man den Sängern, die allesamt keine Models sind (und nicht
sein sollen), nicht Kostüme anmißt, die ihnen stehen, und sie vorteilhaft
aussehen lassen.
Sieht
man nun davon ab, hatten wir einen hervorragenden Abend. Und schlußendlich
war es doch das wichtigste, daß der musikalische Teil den Erwartungen
entsprach.
Die
drei Protagonisten: Martha (Heidi BRUNNER), die sich nun vom Mezzo zum
dramatischen Sopran wandelt, der allerdings manchmal ein bißchen schrill
klingt, war von starker Intensität und in ihrer Erzählung sehr berührend.
Wolfgang KOCH als Sebastiano, skrupellos, imposant von Statur, und der
markante Bariton paßten perfekt zum Rollenbild des Feudalherren.
Und
Torsten KERL, der dritte im Bunde, war ein brillanter Pedro. Er schaffte
diese wirklich anstrengende Rolle ohne Ermüdungserscheinung. Er bietet
die richtige Mischung zwischen Strahlkraft und lyrischem Ausdruck. Auch
von der Optik her ist er eine großartige Wahl.
Bei
den kleineren Rollen muß man vor allem die junge Andrea BOGNER als sehr
schön singende Nuri hervorheben. Die drei bösartigen Fabrikarbeiterinnen
Birgid STEINBERGER, Sulie GIRARDI und Regula ROSNI waren ein sehr gut
eingespieltes Trio.
Mathias
HAUSMANN war in der eher undankbaren Rolle des Moruccios überzeugend.
Nicht
ganz optimal geführt war Sorin COLIBAN als Tommaso. Seine Maske und Kostüm
(der enorme Fellumhang) waren etwas eigenartig und somit ein Handicap
für die Rollengestaltung. Solide wurde der Nando gestaltet von Christian
DRESCHER.
Mit
dem VOLKSOPERNORCHESTER ist es Sebastian WEIGLE gelungen, einen großartigen
Klang zu erzeugen, Spannung, große Gefühle und zarte Regungen durch den
Klangkörper zu vermitteln. Alles war vorhanden. Und nicht zuletzt muß
der Klarinettist Stefan NEUBAUER für sein wunderbares Solo gelobt werden.
Außerordentlich
langer Applaus nach dieser Premiere, überglückliche Künstler und ein glückliches,
zufriedenes Publikum. EH
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