Der
Beginn der Saison 2007/2008 stand unter einem besonderen Stern, denn die
Wiener Volksoper hat wieder einen neuen Prinzipal. Rudolf Berger hatte
frühzeitig den Platz geräumt und Burgschauspieler Robert Meyer das Rennen
um diesen Posten gemacht (der seit einiger Zeit als Schleudersitz bezeichnet
wird). Nun, betrachtet man Programm und Planung, dann sieht soweit alles
sehr positiv aus, und Publikum und die Medien scheinen dem neuen Direktor
sehr wohlgesonnen.
Als
Entree die Offenbach'sche Operette zu wählen schien zwar ein bißchen gewagt,
aber nimmt man das Ergebnis, dann war es der richtige Schritt und eine
gute Wahl.
Man
kehrt auch wieder zu den deutschsprachigen Versionen an der Volksoper
zurück, was ich persönlich nicht so ganz schätze, aber andererseits ist
mir eine gute deutschsprachige Version dann doch lieber, als eine schwache
Originalsprache.
Also
"Orpheus in der Unterwelt" auf Deutsch, von Helmut BAUMANN sehr spritzig
inszeniert und mit viel Freude am Detail. Gute Personenführung war auch
gegeben, wenn auch diese nicht immer auf den fruchtbarsten Boden viel.
Das Bühnenbild von Matthias FISCHER-DIESKAU war für das Auge gefällig
und sorgte für einen raschen und reibungslosen Wechsel vom Hades zum Olymp
und einem Zwischenstopp in terrestrischen Gefilden, mittels Lift. Was
die Kostüme(Uta LOHER und Conny LÜDERS) angeht, so waren diese nicht ungefällig,
aber für den einen oder anderen Darsteller nicht sehr vorteilhaft. Das
ist etwas, was ich so nicht verstehe, denn man muß die Sänger ja nicht
verschandeln.
Die
Eurydike Jennifer BIRD war hier sehr im Vorteil. Ihre Optik ist auch in
spärlichen Dessous im Hades einwandfrei und die stimmliche Rollengestaltung
sehr respektabel. Wären da nicht ein paar scharfe Töne gewesen, wäre eine
sehr guter Eindruck gewesen. Leider etwas enttäuschend der Orpheus von
Sebastian REINTHALLER; sonst eine brillante Stütze des Hauses ob seiner
sicheren Höhen konnte er nicht so strahlen, und darstellerisch blieb er
hinter den anderen Kollegen einige Schritte zurück. Ich hatte den Eindruck,
daß er leicht indisponiert war.
Man
sollte hier überhaupt festhalten, daß die Schauspieler den Sängern den
Rang abliefen. Robert Meyer kennt vom Theater her die Wichtigkeit Rollen
auch typmäßig gut zu besetzen. So hatte er mit Peter MATIC als Styx einen
Interpreten ausgewählt, der sprachlich glänzt, der die Pointen wunderbar
setzen kann und eben ein feiner Komödiant ist. Und nebenbei kann er sogar
noch singen, und das Couplet vom Prinzen von Arkadien war besonders charmant
vorgetragen. Ihm gebührt der Oscar dieser Aufführung.
Auch
die anderen Schauspieler glänzten, die öffentliche Meinung (mit der großartigen
Schauspielerin Erni MANGOLD besetzt), war auf eine reine Sprechrolle reduziert,
denn der spärlich produzierte Gesang hatte mit dem franz. Original nichts
mehr gemein. Bei ihr wie auch beim Jupiter von Carlo HARTMANN waren verschiedene
Sequenzen überzeichnet, aber das Publikum genoß dies.
Richtige
Balancen gab es bei dem Pluto von Christian BAUMGÄRTEL, der ein eleganter
Unterweltfürst war, bei Helga PAPOUSCHEK als Juno und Gerald PICHOWETZ
als Cupido, eine Liebling der Wiener, der sogar einen kurzen Auftrittsapplaus
bekam. Alle anderen Rollen waren ebenfalls gut besetzt.
Das
Ballett wirbelte immer wieder zwischen den Szenen über die Bühne, der
vom Publikum viel geliebte Cancan, fand zwar nicht statt, es war eine
moderne Choreographie von Roswitha STADLMANN, aber nicht ungefällig.
Das
Orchester unter Florian LUDWIG spielte frisch und auch inspiriert, den
Sängern durchaus eine gute Stütze bildend.
Das
Publikum nahm diese erste Premiere sehr wohlwollend auf. Es gab nur Akzeptanz,
die sonst schon zur Routine gehörenden Buh-Rufe für Regie oder Bühnenbild
blieben aus.
Die
Vorstellungen des "Orpheus in der Unterwelt" sind seit der Premiere ausverkauft.
Es wurden ob des großen Erfolges einige Vorstellungen eingeschoben, bzw.
das Programm zu Gunsten des "Orpheus" sogar abgeändert. Im September 2007
erzielte die Volksoper Wien unter ihrem neuen Direktor eine höhere Auslastung
als in als den letzten Jahren, 82 Prozent ist jedenfalls ein schöner Erfolg
für den Anfang.
Die
nächste Premiere wird "Tiefland" sein (in Kooperation mit der Oper Frankfurt).
Von der Besetzung her sehr vielversprechend, wünschen wir der Volksoper
einen eben solchen Erfolg wie der "Orpheus". EH
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