Ein
Abend der Superlative. So etwas erlebt man höchst selten, vielleicht einmal
im Jahrzehnt. Gesanglich nur Topleistungen. Wem sollte man da eigentlich
den goldenen Lorbeer überreichen?
Natalie
DESSAY, der Marie, der Regimentstocher? Natürlich, sie war in stimmlicher
Bestform, schleuderte die Triller in jeder nur erdenklichen Lage in das
Haus, und welch eine Lebensfreude und Glaubhaftigkeit versprüht sie auf
der Bühne, Witz, Charme und rührende Mimik alles im Überfluß vorhanden.
Jeder Moment ein Erlebnis.
Oder
Juan Diego FLOREZ, der den Liebhaber Tonio singt und für seine Marie sogar
zum Militär geht? Seine stimmliche Leistung grenzt schon fast an ein Wunder.
Nicht nur, daß er die hohen Cs in der Arie "Ah, mes amis" brillant schmettert,
nein er verfügt auch noch über genügend Kraft und Reserven, dies dem tobenden
Publikum ein zweites Mal zu bieten. Auch die zweite Arie gelingt prächtig,
und es waren keinerlei Ermüdungserscheinungen festzustellen. Sehr sympathisch
seine Rollengestaltung.
Auch
Carlos ALVAREZ als Sulpice, der "Regimentsvater" zeigte neben seinen stimmlichen
Qualitäten, welch komödiantisches Talent in ihm schlummert. Unglaublich,
welche Grazie und Sympathie er in der wahrlich nicht vorteilhaften Verkleidung
verströmt.
Und
weiter geht es mit den Hightlights: in der wahrlich nicht sehr ergiebigen
Rolle der Duchesse de Crakentorp tritt majestätisch Montserrat CABALLÉ
auf, trällert sicher und schön ein altes Schweizer Lied und zieht mir
ihrem Charme das Publikum in ihren Bann.
Aber
auch die beiden kleinen Rollen der Marquise de Berkenfield, Juliette MARS,
und Clemens UNTEREINER als Hortensius waren blendend in den kurzen Sequenzen
und verdienen höchstes Lob.
Und
auch das ORCHESTER unter dem jungen Dirigenten Yves ABEL produzierte sphärische
Klänge und zeigte, welche inspirierte Musik Donizetti uns da komponiert
hatte.
Alles
Positive ist nun aufgezählt worden, und nachdem es sich ja um eine Neuinszenierung
handelte, muß man sich auch mit der Inszenierung und dem Bühnenbild auseinander
setzen. Ich hätte sicher nicht gelitten, wenn das Werk in der Zeit Napoleons
gespielt hätte. Der Zwang der Regisseure, alles zu modernisieren und in
die Jetztzeit (oder annähernd) zu versetzen, ist schlicht und einfach
langweilig. Das ist ja eine Optik, die man kennt, weil sie uns ständig
präsentiert wird. Es ist durchaus okay, wenn man nicht alles mit Rüschen
und Maschen versieht, man kann sicher etwas straffen und klare Linien
finden, damit das ganze nicht " verstaubt" wirkt. Beweise , daß das gut
geht, gibt es auch genug. EH
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